Mittwoch, 24. Oktober 2007

Meister vom Himmel

Meister vom Himmel

Ein altes Sprichwort besagt, dass noch kein Meister vom Himmel gefallen sei. Aus allen Wolken jedoch ist schon der ein oder andere Meister gefallen. Ein Aufsteigermeister fiel seinerzeit aus den Wolken der Zweitklassigkeit und stieg gleich auf in den Olymp der Tabellenspitze in Liga eins. Der deutsche Meister des letzten Jahres kämpft an ganz anderen Fronten.

Was ist nur passiert mit dem VfB Stuttgart?

In der vergangenen Saison waren sie das Team, welches einen Fußball spielte, der mit der Schönheit einer Werder Bremen Zauberei mithalten konnte, und am Ende gar noch erfolgreicher war. Deutscher Meister VfB, wer hätte das zu prophezeien gewagt vor der vergangenen Saison?

Doch, was ist jetzt?

Nennenswerte Abgänge gab es nicht, das Trainerteam und der Manager wurden weder getauscht, noch geklont. Und dennoch läuft beim VfB zurzeit nichts zusammen. In der Liga hat der Verein schon so viele Niederlagen gesammelt, wie in der kompletten vergangenen Saison und auch in der Liga der Champions hagelt es immer nur Gegentore.

Was ist los in Stuttgart? War das letzte Jahr doch nur ein Missverständnis? Ist Armin Veh eine Einsaisonsfliege? Ist der kleine Herr doch kein Held?

Dass man nicht um die Tabellenspitze mit einem FC Hollywood mitspielen kann, ist noch verständlich, wenn man die Transferausgaben vergleicht. Doch die Milliardenausgaben der Münchener dürfen noch lange keine Entschuldigung sein für einen Absturz in unmittelbare Abstiegsgefahr.

Es muss was passieren beim VfB. Was, ist klar, Punkte müssen her. Wie, das weiß wohl allein der Fußballgott.

Donnerstag, 9. August 2007

Gespannte Drahtseile

Gespannte Drahtseile


Die Anzeichen mehren sich: der Beginn der neuen Saison ist nicht mehr weit. In diesem Jahr wurde sogar die erste Hauptrunde im DFB Pokal vor dem ersten Spieltag der Bundesliga ausgetragen.
Die Spannung steigt! Am kommenden Freitag startet die Saison endgültig in die neue Saison. Stuttgart gegen Schalke, ein Kracher zum Anfang. Und doch ist es ungewohnt, dass in diesem Jahr nicht die Bayern die Saison eröffnen. So manch einer befürchtet, dass sie sie deswegen umso grausamer beenden werden, evtl. sogar frühzeitig.
Die Anspannung jedoch steigt nun bei allen Mannschaften. Werden die Neueinkäufe einschlagen?
Ribéry und Klose haben in der Vorbereitung gezeigt, dass sie schon sehr weit sind, aber was wird dieser Luca Toni eigentlich zeigen?
Ein Herr Sanogo trifft seit seinem Wechsel auch wieder. Bremen mag es freuen, jedoch, der Stareinkauf aus Brasilien, Carlos Alberto, konnte bisher nicht unter Beweis stellen, weswegen man ihn verpflichtete. Was ist mit dem „ehemals“ neuen Superstar Diego? Kann er seine Leistungen bestätigen?
Der Hamburger Castelen machte in seinem ersten Testspiel ein Tor, beim Auftakt im Pokal musste er jedoch zunächst auf der Bank Platz nehmen.
Einer der Rückkehrer in die Bundesliga, ein langer Grieche mit Namen Charisteas, traf schon im Pokal doppelt, sein Kollege Vitteck jedoch sogar dreimal.
Der andere, „Toni“ Ailton, ist bisher bei seinem neuen Verein, dem MSV Duisburg, noch nicht ans spielen gekommen.
Wie sieht es beim deutschen Meister, dem Verein für Ballsport aus Stuttgart, aus? Bisher fiele er nur durch übermäßige Härte und drei rote Karten in den Pokalspielen auf. Was jedoch wird aus der Neuerwerbung und Ex-Dortmunder Everthon? Kann er sich durchsetzen? Was ist mit dem frisch gekürten Fußballer des Jahres, Mario Gomez? Noch ist er nicht fit, wird er in der kommenden Saison wieder so auftrumpfen können?
Wie wird die Saison in Vizekusen laufen? Aus dem Pokal ist man schon raus, kann sich voll und ganz auf die Meisterschaft konzentrieren. Schlägt Torschützenkönig Gekas ein wie in Bochum? Platzt bei Herrn Kiesling endlich der Knoten? Und wenn ja, was passiert dann eigentlich mit der Legende Barbarez? Zündstoff?
Was kann eigentlich ein Felix Magath bei einem Retortenclub bewirken? Wird Marcelinho sich auf Fußball konzentrieren, oder gar im langweiligen Wolfsburg eine Diskothek eröffnen? Können die Rumänen aus Cottbus ihre starke Saisonleistung von insgesamt über 20 Toren wiederholen?
Apropos Cottbus, was wird aus den Underdogs, den Aufsteigern zum Beispiel. Was macht die Torfabrik Karlsruhe ohne Federico? Und kann dieser sich in Dortmund behaupten?
Weitere spannende Fragen wären: Wann fliegt der erste Trainer und aus welchen scheinheiligen Grund erst so spät? Wann kommt Peter Neururer zurück? Will überhaupt jemand, mit Ausnahme der Bayern, Meister werden? Wann zeugt Franz Beckenbauer das nächste Kind (es wird langsam Zeit)? Bekommen die Bayern endgültig alle Millionen von T-Mobile, weil die vom Radsport die Schnauze voll haben?

Fragen über Fragen … man darf gespannt sein, muss abwarten.
Es wird Zeit, dass es endlich losgeht!!!


Und dann gibt es ja auch noch diese zweite Liga …

Montag, 30. Juli 2007

Schüsse aus der zweiten Reihe

Schüsse aus der zweiten Reihe

Amerika, das Land in dem sich jeder Waffenbesitzer heimisch fühlen kann. Für Fußballfans jedoch ist dieser Staat noch immer eine Art Diaspora. Auch wenn der große Becks inzwischen sein Feierabendbier im Land der unbegrenzten Möglichkeiten schlürft, wahrscheinlich verdünnt mit einer zuckerfreien, koffeinhaltigen Brause welche von seiner Gattin beworben wird, so ganz große Begeisterung ist in den USA noch nicht anzutreffen. Ganz anders ist dies in einem Land, welches von einem nicht weiter genannten Staatsmann zur Achse des Bösen gezählt wird.

Im Irak, wie in vielen anderen Ländern der Region, ist der Fußball, nach langen Kriegsjahren, wieder auf dem Vormarsch. Und so verwundert es auch nicht, dass die dort ansässige Nationalmannschaft langsam an alte Erfolge anknüpft und sogar den Erfolg zu steigern vermag.

Beim kürzlich vergangenen Asia-Cup, der Europameisterschaft für Asiaten, kamen die Iraker gar ins Finale und brachten dort das „Wunder“ fertig und besiegten die Mannen aus Saudi-Arabien gleich bei ihrer ersten Finalteilnahme.

Man mag sich nun fragen, was an diesem Erfolg so außergewöhnlich und neu ist, schließlich hatte auch keiner mit Griechenland als Europameister gerechnet.

Nun ja, das wirklich dramatische an diesem Erfolg ist die Geschichte, die sich im Hintergrund, nämlich im Irak selbst abgespielt hat.

Schon während des Halbfinales wurden bis zu 50 Fußballfans bei verschiedenen Attentaten getötet, eine Tatsache, die bei den täglichen Anschlägen leider nicht weiter ins Gewicht fallen wird. Zum Finale jedoch gab es dann keine weiteren größeren Anschläge, traurig genug dies vermerken zu müssen.

Und trotzdem wurde das Land, welches schon seit so langer Zeit so arg gebeutelt wird, der große Spaß am Erfolg des eigenen Nationalteams geraubt. Und dies ob der Tatsache, dass bei den Jubelfeiern nach dem Gewinn des Asien-Titels mindestens 7 Menschen ihr Leben lassen mussten.

Traurigerweise wurden sie nicht einmal Opfer heimtückischer Angriffe. Sie feierten eines der schönsten Ereignisse des irakischen Volkes in letzter Zeit und wurden, wie der Amerikaner sagen würde, von „friendly fire“ niedergestreckt.

Aus Jubel über den Titel schossen viele Menschen mit ihren Waffen in die Luft und offensichtlich nicht nur dort hin. Freudenschüsse trafen, aus Versehen, unschuldige Menschen, feiernd. Die Opfer wurden getroffen im Moment größter Freude, unbeabsichtigt. Tragisch, und dennoch zeigt es den Enthusiasmus, mit dem dieses Volk sich feiern kann, mit dem es hinter seinem Team steht, sich für den Fußball begeistern kann. Gefühle pur, die eben auf gefährliche Weise ausgedrückt werden. Für den Europäer nicht zu verstehen, für den ein oder anderen Iraker gefährlich…

Es gibt so vieles, was wir nicht verstehen im Irak. Amerika wird es wohl nicht besser gehen…

Sebastian Derix für www.footage-magazin.de

Dienstag, 26. Juni 2007

Phantasielos

Phantasielos

Als im April, die Saison ging dramatisch ihrem Höhepunkt entgegen, erstmal kolportiert wurde, der zweimalige WM-Torschützenkönig Miroslav Klose werde in der nächsten Spielzeit für den Club aus der bayerischen Hauptstadt stürmen, dementierten die Bremer vehement. Der Trainer wollte den Spieler niemals abgeben, der Manager konnte sich so etwas nicht vorstellen. Ihm fehle schlichtweg die Phantasie für einen solchen Transfer, so Klaus Allofs. Klose selbst hielt sich zunächst noch bedeckt, wollte sich auf die laufende Meisterschaft konzentrieren.

Dann kam heraus, dass Klose sich heimlich mit den Münchener Managern getroffen hatte, eine Einigung über einen Wechsel, spätestens zur Saison 2008/09, erzielt wurde. Klose entschuldigte sich bei seinem aktuellen Verein und den Fans und sagte klipp und klar, er wolle seinen Vertrag an der Weser erfüllen.

Allein, es sollte anders kommen.

Irgendwann, kurz vor einem Qualifikationsspiel zur Europameisterschaft, fiel Miro dann jedoch ein, er halte den Moment für richtig, zu erklären, er wolle definitiv im Sommer zum FC Bayern wechseln.

Das hatte gesessen.

Allofs bestand jedoch weiterhin darauf, dass man den Stürmer auf keinen Fall - innerhalb Deutschlands - schon vor Ablauf des Vertrags ziehen lassen werde.

Die Verhandlungen gingen weiter, Werder wollte Klose abgeben, sollte man im Gegenzug dessen Stürmerkollegen Podolski zum Champions-League Teilnehmer lotsen können. Kategorische Ablehnung sowohl von Spieler-, als auch von bayerischer Vereinsseite.

Zehn gebotene Millionen für den Bremer Stürmer waren im Gegenzug dem Verein von der Weser zu wenig.

Eiszeit, ruhende Gespräche … zumindest wurde dies den Fans weisgemacht.

Auf einmal kommt es dann doch noch zu dem längst überfälligen Wechsel, Allofs spricht von erfüllten Vorstellungen. Mir fehlt die Phantasie zu sagen, was eine absolute Ablehnung in plötzliche Zufriedenheit umzuwandeln vermag. Wahrscheinlich ist es das Geld, in Mengen, die meine Phantasie wohl auch nicht in der Lage ist zu fassen.

Nun, seien wir froh, dass dieses Theater ein Ende hat. Der Spieler hat seinen Willen bekommen, die Bayern, wie eigentlich immer, den Spieler, den sie wollten …

Die bleibende Frage im Augenblick: Wer hat genug Phantasie sich auszumalen, was sich ein frisch gewechselter junger Nachwuchsstürmer, Jan Schlaudraff, denken mag?

Ich phantasiere: „Scheiße, alles falsch gemacht…“ ?!

Sonntag, 24. Juni 2007

Derby Star

„Wir woll'n keine Zürcher Schweine!“

Fans des Grasshopper Club Zürich beim Derby gegen den FC Zürich.



Besonders interessant für Fans, Medien und Spieler sind diejenigen Spiele, die gegen einen sehr engen Nachbarn ausgetragen werden. Man spricht hierbei von einem Derby.

Doch was genau versteht man unter einem Derby? Der Duden schreibt dazu nichts was in unserem Fall weiterhelfen würde. Befragt man jedoch die allseits beliebte Internet Enzyklopädie „Wikipedia“, so findet man dort folgendes:

„Derby: Man spricht von einem Derby (häufig in Form von Lokalderby), wenn zwei stark rivalisierende Vereine einer Region im Mannschaftssport aufeinander treffen. Derbys haben für viele Fans eine hohe Bedeutung, da es hier beispielsweise um die Vorherrschaft in einem Bezirk oder einer Stadt geht. Das legendärste Beispiel in Deutschland ist das Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04, die sich seit Jahrzehnten um den Rang der besten Fußballmannschaft des Ruhrgebietes streiten. Das Stadtderby in Buenos Aires zwischen den Boca Juniors und River Plate wird als El Superclásico, der Super-Klassiker, bezeichnet. Zusätzliche Aspekte können ideologische Unterschiede sein, beispielsweise im Old Firm, dem Fußball-Derby zwischen dem katholischen Celtic Glasgow und den protestantischen Glasgow Rangers.“

Da Deutschlands Revierderby schon allzu oft Thema für diverse Betrachtungen war, sei das Augenmerk auf Argentinien gerichtet.

Das größte Spiel im ganzen Land zwischen den beiden Hauptstadtclubs elektrisiert die Massen. Beide Clubs sind die erfolgreichsten ihres Landes. Sie kommen ursprünglich aus dem gleichen Ortsteil von Buenos Aires. Hier, in La Boca, wurde zunächst 1901 der „Club Atletico River Plate“ gegründet, wenige Jahre später, 1905, dann der „Club Atletico Boca Juniors“. Im Jahre 1907 soll ein Entscheidungsspiel um die Vereinsfarben stattgefunden haben, welches River Plate gewann und seitdem legitimer „Besitzer“ der Farben Rot und Weiß ist. Die Boca Juniors tragen seit der Zeit die Farben blau und gelb. Neben der üblichen Konkurrenz zweier Clubs, deren Stadien heute nur ca. 7 km voneinander entfernt liegen, liegt einer der Gründe in der Abwanderung von River Plate in den 1930er Jahren in das Reichenviertel Nuñez. Von da an war das Stadtderby auch eines der unterschiedlichen Gesellschaftsschichten.

Die Boca Juniors wurden fortan das „Team des einfachen Volkes“, während River Plate „die Millionäre“ wurden. Hieraus resultiert natürlich auch der ganz besondere Reiz dieses Konkurrenzkampfes.

Für die Boca Fans sind ihre Gegner nur die „Gallinas“ (Hühner), weil sie glauben, diese hätten Angst vor allem und jedem. Im Gegenzug müssen sich die Bocas als „Puercos“, Schweine, beschimpfen lassen, da ihr Stadion in einem Armenviertel steht und angeblich immer etwas streng riecht …

Sportlich gesehen triumphierten bisher öfter die Boca Juniors.

Die Spiele der beiden Mannschaften sind ein wahres Fest an Farben, Fahnen, Gesang und Gebrüll. Fans dichten aktuelle argentinische Hits um, singen und brüllen um die Wette, Feuerwerkskörper in ungezähltem Ausmaß werden gezündet.

Dieses Spiel muss ein Erlebnis sein, dass es sonst nur äußerst selten gibt.

Die britische Zeitung „The Observer“ listete im Jahre 2004 „50 sporting things you must do before you die“.

Hierbei wurde dieses Derby an allererste Stelle gesetzt. Dies sagt wohl alles aus.

Dass es bei einem solchen Spiel vermehrt zu heftigen Auseinandersetzungen kam und kommt ist ebenso wenig verwunderlich, wie schön. So soll z.B. nach einem der Spiele ein Fan einen Mordauftrag für gegnerische Anhänger gegeben haben. Auch starben bei einem Spiel (1968) 73 Fans, 150 wurden verletzt, als ein Ausgang abgeschlossen war, durch den unaufhörlich Menschenmassen strömen wollten.

Neben diesem großen Derby sind River Plate und vor allem auch Boca die Erzfeinde des nahe gelegenen Clubs CA Independiente aus der Stadt Avellaneda, dem dritt-erfolgreichsten Club in Argentinien.

Diese Rivalität reicht soweit, dass vor nicht allzu langer Zeit, in der Hinrunde der abgelaufenen Bundesligasaison, die Konkurrenz gar wunderliche Blüten trieb. Beim Spiel der Gladbacher Borussia beim VfB Stuttgart, hielt die Stuttgarter Ultra Fangruppe des „Commando Cannstatt 97“, ein Spruchband hoch, auf dem folgendes geschrieben stand:

„In$ua traidor, el rojo no perdona“.

Die Übersetzung lautet in etwa so: „Insua, du Verräter – Die Roten vergeben nie.“. Eine Erklärung zu diesem - für den „Normalfan“ - unverständlichen Spruchband findet man auf der Homepage der VfB Ultras.

Hier steht geschrieben:

Es gab „… noch eine „nette“ Begrüßung für den Gladbacher Spieler Insua. Bis Herbst 2005 spielte Federico Insua bei Independiente in Argentinien und war bei dem nur „die Roten“ genannten Verein ein absolutes Idol. Er sagte in einem Interview, dass er in Argentinien NIEMALS für einen anderen Verein spielen würde als für CA Independiente. Zwei Tage später unterschrieb er beim Erzfeind Boca Juniors... Dies brachte die Fans der „Rojo“ gewaltig auf die Palme. Wer die fanatischen Fans in Argentinien kennt kann sich vorstellen, wie diese reagiert haben[...]
Im Sommer wurde der „Verräter“ nun an Gladbach verkauft. Übrigens gegen seinen Willen. Zwischen einigen Leuten des CC und der Barra Brava von Independiente bestehen freundschaftliche Kontakte und die Jungs aus Avellaneda hatten angefragt, ob wir ein Spruchband gegen Insua machen könnten, was wir natürlich gerne taten. Schließlich haben wir selbst genügend Erfahrung mit Söldnern gemacht[…]. Übersetzt heißt der Text des Spruchbands: „Insua, du Verräter – Die Roten vergeben nie“.“

Man sieht, die Rivalität macht nicht vor Grenzen halt. Ein Derby zeigt die Lebenseinstellung eines Fans. Man kann immer nur einen Verein lieben, muss den anderen zwangsläufig „hassen“.

Dass es dabei zu Gewalt kommt, sollte dennoch nicht sein.

Besieht man sich, was inzwischen alles als Derby gilt, so sei ein Blick in DIE Fußballbibel überhaupt geworfen. „Fußball unser“ schreibt zum Thema: „Derbys, die den Namen nicht verdienen“ z.B. dass das „Mittelmeer-Derby“ Olympique Marseille vs. OGC Nizza mit einer Entfernung von 156 km immer noch als ein solches gesehen wird. In Deutschland ist das „Bayern-Derby“ zwischen dem FC Bayern München und dem 1. FC Nürnberg mit 189 km Entfernung vertreten. Selbst für russische Verhältnisse ist beim Derby zwischen Baltika Kaliningrad und Zenit St. Petersburg der Gegner mit 964 km nicht gerade „um die Ecke“ zu finden. Dem sprichwörtlichen Fass der Derbyentfernungen schlägt jedoch das australische Derby zwischen Perth Glory und Adelaide City Force den Boden aus.

Die Entfernung hier liegt bei schlappen 2735 km.

Was ist das alles im Vergleich zu den 7 km die die Stadien der beiden argentinischen Protagonisten auseinander liegen? Nichts. Und dennoch ist auch hier mit Sicherheit der Derby-Charakter gegeben. Nachbarn, Gegner, Rivalen. Derbys sind Feste des Fußballs, Feste der Fans und immer etwas ganz besonderes. Droht auch das Phrasenschwein, so muss man doch feststellen, dass ein Derby immer etwas ganz besonderes ist. Dieses Spiel DARF keiner verlieren.

Sonntag, 10. Juni 2007

Die Hand Gottes

Die Hand Gottes

An einem schönen Sommertag, genauer gesagt war es der 22. Juni des Jahres 1986, fand in Mexiko das Viertelfinale der Weltmeisterschaft zwischen England und Argentinien statt. Es sollte das Spiel eines gewissen Diego Armando Maradona werden. Einer göttlichen Eingebung folgend, bugsierte dieser damals den Ball mit der Hand über Englands Torwart Peter Shilton hinweg in die Maschen. Der Treffer wurde gegeben, doch es sollte nicht die letzte Spiel entscheidende Szene des kleinen Superstars sein. Im gleichen Match war es dann ebenfalls der geniale Diego, der ein Solo über mehr als den halben Fußballplatz startete und letztendlich mit dem Torerfolg abschloss. Ein wunderschönes, ein offizielles Jahrhunderttor.

Wie die Karriere des Argentiniers weiterging ist den meisten von uns sicher in Erinnerung, seine Höhenflüge und noch schlimmeren Abstürze sind legendär. Dennoch ist er immer der Star in Argentinien geblieben, ein Gott fast, sie nennen ihn D10S, dessen spanische Entsprechung.

Zum Zeitpunkt dieses Viertelfinales dauerte es aber noch geschlagene 367 Tage, bis sein legitimer Nachfolger überhaupt das Licht Gottes schöner Welt erblicken sollte. Lionel Messi wurde genau am 24. Juni 1987 geboren und gilt inzwischen als größtes argentinisches Talent seit Maradona. Schon im zarten Alter von 17 Jahren debütierte er in der ersten Elf von Diegos ehemaligem Team FC Barcelona. Inzwischen ist er fast 20 und spielt die Primera Division teilweise alleine schwindelig.

Um seinem Vorgänger und Vorbild nachzueifern dribbelt er was das Zeug hält, umspielt sie, dass ihnen Hören und Sehen vergeht.

Vor kurzem, genauer am 17. April diesen Jahres startete er dann den endgültigen Beweis, dass er, und nur er, fortan als „kleiner Gott“ Argentiniens zu gelten hat. Im Pokalspiel gegen Bernd Schusters FC Getafe startete er ein Dribbling, welches Diego nicht besser hätte machen können und schloss es dann ebenfalls mit einem großartigen Tor ab. Barcelona gewann, genau wie damals Argentinien, und kam eine Runde weiter.

Doch, es fehlte noch etwas im Leben des kleinen Lionel. Das Kopfballtor mit der Hand, welches Gott seinem Vorgänger geschenkt hatte, war noch nicht gefallen. Doch, auch hier wollte sich Barcelonas jüngster Torschütze nicht lumpen lassen. Am 37. Spieltag der laufenden Saison der Primera Division, mitten im Entscheidungskampf um die spanische Meisterschaft, kam es zur Begegnung zwischen dem Meisterschaftskandidaten FC und dem Lokalrivalen Espanyol Barcelona. Am vorletzten Spieltag der Saison nun wurde es Zeit für den kleinen Argentinier, sich endgültig dem Idol anzugleichen. Und so geschah es, dass Espanyol in Führung ging. Messi, ganz in Maradonas Nachfolge verwurzelt, lauerte im Zentrum des Strafraums. Als die Flanke heranrauscht springt er, er köpft, der Ball zappelt im Netz, der Schiri pfeift, das Tor zählt. Die Kameras beweisen es: er hat es geschafft! Mit der Hand boxte er den Ball zum zwischenzeitlichen Ausgleich im Stadtderby. Dringend nötig um die Meisterschaft offen zu halten und, natürlich, dringend nötig, um es Diego gleich zu tun. Und noch eine Parallele gab es, er schoss auch das zwei zu eins. Doch anders als damals in Mexiko, reichte diesmal die knappe Führung nicht aus. Kurz vor Ende des Spiels fiel der Ausgleich und das Championat Spaniens wird nun am letzten Spieltag entschieden.

Sportlich ist also der knapp zwanzigjährige Messi auf dem besten Weg ein Messias für Argentinien zu werden. Mit allen Wassern gewaschen, mit Technik gesegnet.

Er steht auf der sonnigen Seite des Lebens, hoffen wir, dass kein Schnee kommt…



Sebastian Derix für www.footage-magazin.de

Freitag, 1. Juni 2007

Open this gate!

Open this gate!


Am vergangen Mittwoch fand die turnusgemäße Jahreshauptversammlung der Mönchengladbacher Borussia statt. Da der Verein nach der katastrophalen Saison mit einer noch größeren Zahl anwesender Mitglieder als im letzten Jahr (ca. 2500 Besucher) kalkulierte, wurde die stadioneigene VIP Lounge zu klein und man hatte sich im Vorfeld entschlossen, die Versammlung in der Süd-Kurve des Stadions abzuhalten. Eine, wie sich herausstellen sollte, durchaus gute Lösung. Die Fangnetze waren, entgegen anders lautender Pressemeldungen, schon nach dem letzten Spieltag demontiert worden, man sein ja nicht im Zoo, so das Präsidium.

Ebenjenem sollte es, durfte man der Boulevardpresse und einigen Einträgen in Fan-Foren trauen, auf der Versammlung ordentlich „an den Kragen gehen“, es wurde gar von einer „Abrechnung“ geschrieben. Nun, auf den Inhalt der Versammlung möchte ich hier gar nicht eingehen, dazu mag sich ein jeder Anwesender seine eigene Meinung bilden.

Einen, wenn nicht den bemerkenswerten Auftritt hatte das Borussen Mitglied Helmut E. aus „dem tiefsten Ruhrgebiet“. Im Anschluss an die Berichte aus den einzelnen Abteilungen des Vereins war eine Aussprache zwischen Mitgliedern und Präsidium angesetzt. Hierbei stellten viele Mitglieder mehr oder weniger sachliche Fragen und griffen das Präsidium, sowie vergangene und aktuelle Trainer oder Sportdirektoren an.

Aber Helmut E. wird wohl allen Anwesenden im Gedächtnis bleiben.

Der Versammlungsleiter, der Sprecher des Ehrenrates, Andreas Heinen, sprach im Anschluss an dessen Ausführungen vom „wohl emotionalsten Wortbeitrag“ der ganzen Versammlung. Und so war es wahrscheinlich auch.

Borussen Fan E. kommt aus der Fußball Diaspora Ruhrgebiet. Dies merkte man seiner Rede deutlich an, wie wohl er es auch des Öfteren zu betonen wusste. Er sprach sich seine Emotionen von der Seele, mit Tränen in den Augen freute er sich ob der Anzahl der anwesenden Fans, deren Lachen und Weinen, egal ob sie über ihn oder die Situation weinten oder lachten. Nach einem kurzen Abriss seiner frühesten Fan Jahre, begann sein leidenschaftliches Plädoyer für eine Unterstützung der komplette Vereinsführung. Ob Königs oder Ziege, allen gäben ihr Bestes, rissen sich „auf Deutsch, den Arsch auf“. Er forderte die Versammlung auf, selbstverständlich mit unvergleichlichem „Ruhrpottcharme“, dem Führungsteam den größtmöglichen Rückhalt zu geben. Die Ansprache gipfelte in dem Zitat eines ehemaligen US-Präsidenten, welcher, in einer ebenfalls emotionalen Rede, vom damals sowjetischen Präsidenten Gorbatschow forderte, er möge das Berliner Tor öffnen. „Open this gate!“ warf dieser jenem damals über die Berliner Mauer entgegen. Ganz in dieser Tradition forderte nun Helmut E. den Präsidenten der Borussia auf, er möge die Tür öffnen in eine bessere Zukunft.

Eine große Zahl der anwesenden Fans war begeistert von der Rede, wahrscheinlich weniger vom Inhalt, als von der Performance an sich. Dennoch, diese Ansprache hat Helmut E. inzwischen eine Art „Fan-Base“ geschaffen. Sein Auftritt gilt alt „Kult“.

Sicher wird er von manchen belächelt, aber im Prinzip kann jeder froh sein, einen solchen Auftritt miterlebt zu haben. Dieser Mann lebt Borussia! Dieser Mann ist, was Borussia auch in der „Schweine-Liga“ braucht: treue Fans, die hinter dem Team stehen. Hinter dem Team auf dem Platz und hinter dem Team „dahinter“. Helmut E. ist ein vorbildlicher Fan, so manch ein Nörgler mag sich eine große Scheibe dieses Ruhrpottpoeten abschneiden! Bedingungslose Liebe und Treue zum Verein, das ist es, was seine Ansprache kennzeichnete und was uns allen in der kommenden, wirklich schweren Saison ein großes Stück weiter bringen wird.

P.S.: Obwohl das Filmen während der Veranstaltung ausdrücklich nicht erlaubt war, gibt es den kompletten Redebeitrag von Helmut E. inzwischen bei YouTube zu bewundern.

Dienstag, 29. Mai 2007

Eine Milliarde

Eine Milliarde für den Fußball

Es war in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, als sich die indische Fußballnationalmannschaft regelmäßig in die Siegerlisten der asiatischen Turniere eintragen durfte. Sogar bis zur Weltmeisterschaft in Brasilien hätte man es fast geschafft, wäre da nicht das Problem mit den Schuhen gewesen.

In Indien spielte man seinerzeit noch ohne selbige, was den hohen Herren der FIFA missfiel. Daraufhin lud man die indischen Kicker wieder aus.

Dass dies vielleicht nicht die weiseste Entscheidung gewesen ist, zeigte sich bei den Olympischen Spielen 1956 in Melbourne. Hier schafften es die Fußballer vom indischen Subkontinent immerhin bis ins Halbfinale, selbstverständlich ohne Schuhe.

Doch diese Erfolge scheinen lange her, Vergangenheit. Wie sieht es mit der Entwicklung des Fußballs im zweit-bevölkerungsreichsten Staat der Erde aus?

Das „menschliche“ Potential muss definitiv da sein bei einer Bevölkerungszahl von über einer Milliarde! Jedoch, denkt man an Indien, kommt einem nicht gleich Fußball in den Sinn. Eigentlich kommt einem kaum eine Sportart in den Sinn, in der Indien zur Weltklasse gehört.

Doch, eine Milliarde Menschen können nicht nur unsportlich sein.

Eine Milliarde Menschen können auch nicht resistent gegen den Massenvirus Fußball sein.

Und doch, andere Sportarten, vor allem Cricket und Hockey, haben dem Spiel mit dem runden Leder den Rang abgelaufen. Zumindest hat das, betrachtet man das mediale Interesse bzw. die mediale Präsenz, den Anschein.

Doch, woher kommt dieser Anschein?

Chris Punnakkattu Daniel, Chefredakteur des führenden Fußballportals IndianFootball.com, berichtet folgendes: „Die indische Cricket Nationalmannschaft konnte in der Vergangenheit große Erfolge verzeichnen (Weltmeister, Asienmeister, etc.).

Dadurch konnte man das Interesse der Medien und zahlreicher Unternehmen auf Cricket fokussieren und die Früchte ernten.

Millionenschwere Sponsorenverträge, Dauerberichterstattungen in Funk und Fernsehen, seitenweise Artikel und Reportagen in Printmedien, etc.

Diese Entwicklung hat [auch] allen anderen Sportarten in Indien geschadet! Egal ob Fußball, Tennis, Hockey […], keine dieser Sportarten konnte dagegen ankämpfen und der Entwicklung der einseitigen Berichterstattung in den Medien und dem einseitigen Interesse von potenziellen Sponsoren Paroli bieten!“

Dies führt nun dazu, dass man, vor allem in Europa, geneigt ist zu denken, der Fußball habe in Indien keinen besonders hohen Stellenwert.

Das ist selbstverständlich in Wirklichkeit nicht so. Glaub man Chris Punnakkattu Daniel, so wird „Fußball überall im Land gespielt.“

Selbst in den Slums, den Vorstädten der Metropolen wird gekickt. Es gibt dort, unter den Ärmsten der Armen, sogar vereinzelt Mannschaften, die von Hilfsorganisationen unterstützt werden. Unter, man mag es sich selbst nicht vorstellen, dramatischen Umständen erkennen Kinder und Jugendliche ihre Liebe für den Sport, der uns allen so am Herzen liegt. Sie spielen, sie rennen hinter der Lederkugel her, sie vergessen ihre Armut. Aus dieser ersten Liebe erwächst irgendwann vielleicht eine Chance.

Der Fußball ist für einige, zugegeben wenige, besonders arme Inder eine Möglichkeit aus der Armut zu fliehen. Ähnlich wie in anderen unterprivilegierten Staaten verdient der professionelle Fußballer, im Vergleich zur Masse der Bevölkerung, einen immens höheren Lohn. Dieser lockt gar ausländische Profis in das Land entlang des Ganges.

Allerdings fördern Eltern ihre Kinder nicht gerade. Sport steht bei weitem nicht an erster Stelle. Eine „ordentliche Ausbildung“ wird vorgezogen. Sport wird nicht als eine Chance angesehen, dem Elend zu entfliehen, auch wenn es in der Tat so ist.

Dies ist ein Problem, welches die Nachwuchsförderung nicht gerade einfacher macht.

Chris Punnakkattu Daniel meint dazu: „Aus diesem Grund gibt es in allen Sportarten Probleme genug Nachwuchs zu gewinnen bzw. das mögliche Maximum an Talenten an Land zu ziehen und zu fördern! Dies ist auch eine Erklärung dafür, warum Indien nicht als Sportnation gilt bzw. in Erscheinung tritt!“

Profis in Indien verdienen, im Vergleich zur Otto-Normal-Bevölkerung sehr gut. Eben deshalb ist es umso unverständlicher, dass die Jugend, vor allem von ihren Eltern, so wenig gefördert wird.

Man scheint dies inzwischen nun auch im Lande selber erkannt haben.

Chris Punnakkattu Daniel, ehemals ehrenamtlicher Berater des indischen Nationaltrainers, zeitweiliger Teammanager der indischen U17 Nationalmannschaft und, mit seinen Kollegen von IndianFootball.com, Informationsquelle für und über den indischen Fußball, sagt: „Ein Umdenkprozess ist im Gange und viele berühmte indische Sportler setzen sich für die Nachwuchs- und Überzeugungsarbeit ein!“

Gibt es auch kein wirkliches Scouting System, welches die jungen Talente in ihrer unwirklichen Umgebung aufspürt, so schaffen es doch immer wieder junge Spieler, oft gefördert durch z.B. die India Youth Soccer Association (IYSA), ihren Weg zu machen und ehemals unbedeutende Straßenkicker verdienen ihren Lebensunterhalt in einer der drei Profiligen. Aufgrund der weitestgehend fehlenden Scouts arbeitet Chris Punnakkattu Daniel inzwischen mit seinem Kollegen Arunava Chaudhuri daran, in Europa indischstämmige Spieler für die heimatlichen Auswahlmannschaften zu begeistern.

Die Funktionäre und Förderer scheinen die Hoffnung also noch nicht ganz aufgegeben zu haben, in absehbarer Zeit mal wieder erfolgreicher an einem internationalen Turnier teilnehmen zu können.

Verwunderlich wäre es nicht, haben es doch so manche Spieler aus bitterster Armut, aufgewachsen in großen Blechbüchsen, geschafft, einen Profivertrag zu ergattern. Der Kapitän der indischen Nationalmannschaft schaffte es eine Zeit lang in Europa einen Vertrag zu ergattern. Baichung Bhutia, ein ausgezeichneter Techniker, spielte für drei Jahre beim englischen Drittligisten Bury FC, musste dann aber doch der sehr körperlichen Spielweise auf der Insel Tribut zollen. Dennoch, so hofft Chris Punnakkattu Daniel, werden einige indische Spieler in Zukunft den Sprung nach Europa schaffen, um dort für den gesamten indischen Fußball in die Lehre zu gehen, die Aufmerksamkeit auf den indischen Fußball lenken zu können und endlich mehr Sponsoren für den Fußball in Indien begeistern zu können.

In diesem Land der Extreme ist es natürlich vollkommen unabdingbar, dass es Menschen gibt, die sich professionell mit dem Fußball auseinandersetzen. Viele Funktionäre sind aber gleichzeitig in hohen politischen Positionen. Das nützt selbstverständlich bei der Einflussnahme, bedeutender für die Entwicklung wäre aber, dass wichtige Positionen mit echten Fachleuten besetzt werden. Eine Nationalmannschaft, die nur zwei Spiele im Jahr absolviert, kann sich beim besten Willen nicht wirklich weiter entwickeln.

Das Marketing und die Organisation müssen dringend verbessert werden, damit Chris Punnakkattu Daniels Traum, den er schon 2004 in einem Interview mit dem footage-magazin äußerte, in Erfüllung geht: „Wir können, realistisch gesehen, auf eine Teilnahme bei der WM 2010 in Südafrika hoffen. Es gibt immer wieder Überraschungsmannschaften, die den Sprung in das Hauptfeld schaffen. Um das Ziel 2010 zu schaffen, muss kontinuierlich gearbeitet werden und der positive Trend der letzten Jahre fortgesetzt werden.“

P.S.: Inzwischen musste Chris seine Prognose etwas korrigieren und sieht die WM 2018 als realistisch an. Aber, man weiß ja nie …

Samstag, 26. Mai 2007

(Ausver-)Kaufhaus des Ostens

(Ausver-)Kaufhaus des Ostens

Die Saison ist beendet, der Meister steht fest. Ein einziges wichtiges Spiel muss noch absolviert werden. Allerdings auch nicht von allen. Im Pokalendspiel stehen sich am Samstag in Berlin lediglich der 1. FC Nürnberg und der frisch gebackene deutsche Meister VfB Stuttgart gegenüber. Für alle anderen Mannschaften besteht die derzeitige Aufgabe (lediglich) in der Planung der kommenden Spielzeit und der Zusammenstellung der zukünftigen Mannschaft.

Einer der Clubs, die im Augenblick keinen laufenden Spielbetrieb ihres ersten Teams zu verzeichnen haben, ist der FC Energie Cottbus. Die vergangene Saison wurde auf einem sicheren 13. Tabellenplatz beendet, der Klassenerhalt stand frühzeitig fest. Mit einer Mannschaft ohne große Stars, wurde eine der besten Spielzeiten des Vereins überhaupt gespielt. Grundstein für das erfolgreiche Arbeiten war sicher die viel zitierte „mannschaftliche Geschlossenheit“.
Ein anderer war Sergiu Radu. Wie aus dem Nichts trat der Rumäne auf die Bühne der Bundesliga. Nach 12 Toren in der vorangegangenen Aufstiegssaison, schaffte er in seinem ersten Jahr in der höchsten deutschen Spielklasse sogar 14 Tore, bei nicht minder beeindruckenden sechs Assists. Klar, dass ein solches Ergebnis Begehrlichkeiten bei anderen Clubs weckt. Doch Radu, ausgerüstet mit einem Vertrag bis 2008, sollte sicher auch in der kommenden Saison eine große Rolle in den Planungen von Trainer Petrik Sander spielen.
Ähnlich ist es bei seinem Nationalmannschaftskollegen Vlad Munteanu. Erst in dieser Spielzeit von Dinamo Bukarest gekommen, schaffte er den Sprung in die Stammelf sofort. Er verpasste lediglich ein Spiel der Saison durch eine Gelb-Sperre und schoss grandiose elf Tore, bei sieben Assists. Für einen Mittelfeldspieler geradezu eine Traum-Ausbeute. Auch er besaß noch einen Vertrag bis ins Jahr 2008, bei einer gewissen Anzahl an Spielen hätte der FC Energie eine Option auf ein weiteres Jahr gehabt.
Als nächstes sei der Blick auf den Kapitän der Mannschaft gerichtet. Kevin McKenna war, in seiner insgesamt fünften Saison für die Cottbusser, als Spielführer auch eine der Stützen des Clubs und damit auch eine wichtige Strebe im Gerüst der Mannschaft. Der Anglo-Kanadier spielte schon von 1998 bis 2001 bei Energie Cottbus, bevor er sein Glück im Anschluss bei den Heart of Midlothian auf der Insel versuchte. Nachdem er im Jahre 2005 seinen Stammplatz dort verloren hatte, kehrte er zu den Lausitzern zurück und war in seiner ersten Saison in jedem Spiel dabei, schaffte zehn Treffer und wurde zum Mannschaftskapitän und Publikumsliebling.
Alles in allem waren diese drei Spieler mit die wichtigsten im ganzen Verein. Die Achse McKenna-Munteanu-Radu war in der abgelaufenen Saison das, was ein jeder Verein braucht, um sich, bei beschränkten finanziellen Möglichkeiten, in der höchsten deutschen Spielklasse zu halten.
Und genau diese Achse bricht jetzt weg. McKenna verlässt den FC Energie per Ausstiegsklausel in die zweite Liga, in Richtung Köln. Die Rumänen-Fraktion schließt sich mit sofortiger Wirkung dem VfL Wolfburg an. Es zieht sie in eine der „schönsten“ Städte Deutschlands, zu einem Verein mit den best bezahlten Fans der Liga, einem Club, bei dem in letzter Zeit so einiges im Argen lag, dessen sportliche Führung den ein oder anderen Dorn im Auge hatte.
Die Frage nach dem Warum darf durchaus gestellt werden.
Waren die Verantwortlichen in Cottbus nicht in der Lage, den Spielern deutlich zu machen, was sie an ihrem Verein haben? Gab es nicht die Möglichkeit, ihnen zu verdeutlichen, dass sie, wenn sie auch weniger verdienen würden, die nahezu uneingeschränkten „Stars“ in ihrem aktuellen Team wären?
War es nicht möglich, mit einem gewissen finanziellen Risiko, die Spieler mit einer Aufstockung ihrer Gehälter zum Bleiben zu bewegen?
Entweder konnte oder wollte man es nicht. Der Verein sagt, man hätte mit dem finanziellen Paket von Wolfsburg nicht konkurrieren können. Dennoch muss man sehen, dass den drei prominenten Abgängen, derzeit nur Neuzugänge von fragwürdiger Qualität gegenüber stehen.
Verpflichtet wurden ein 21-jähriger Verteidiger, sowie zwei 20-jährige Talente für das Mittelfeld. Aber können diese beiden eine Achse von gestandenen, erfolgreichen Spielern ersetzen?
Natürlich ist bis zum Ende der Transferperiode noch ganze Menge Zeit, aber es bleibt abzuwarten, ob der FC Energie Cottbus mit seiner sportlichen Leitung es schafft, eine solch schlagkräftige Truppe zu schaffen, die diese immensen Verluste ausgleichen kann. Man mag es dem Verein wünschen, hängt doch in der Lausitz so einiges an dem Verein, nämlich bei Weitem mehr Leidenschaft, als bei einem Retorten-Club wie dem VW Wolfsburg. Vielleicht erkennen das auch irgendwann die Kollegen Munteanu und Radu…reumütig…




Sebastian Derix für www.footage-magazin.de

Freitag, 18. Mai 2007

Vom Double in die Vergessenheit?

Vom Double in die Vergessenheit?

Als Timo Hildebrand den Entschluss fasste, fortan nicht weiter für den VfB Stuttgart spielen zu wollen, schien ihm das sicher eine gute Idee zu sein. Stuttgart war noch weit ab von allen derzeitigen Meister- oder gar Doubleträumen und bewegte sich im sicheren Mittelfeld.

Nachdem er schon einmal lange gepokert hatte und dann doch, man munkelt wegen mangelnder Angebote, beim VfB blieb, scheint es nun, als habe Hildebrand erneut ein kleines Problem mit der Vereinssuche.

Angeblich ist sein Vertrag mit dem spanischen Top-Club und Champions League Aspiranten FC Valencia längst in trockenen Tüchern. Hildebrand selbst sagt dazu: „Mit dem neuen Verein kann nichts mehr schief gehen.“

Doch nun tauchen Gerüchte auf, wonach Valencia mit seinem derzeitigen Torhüter, dem ehemaligen Nationaltorhüter Spaniens, Santiago Canizares, noch eine weitere Saison plant. Aufgrund der derzeitigen großartigen Leistungen sicher kein Wunder, aber dennoch blöd für die deutsche Nummer 2.

Laut der spanischen Zeitung „Marca“ und einem lokalen Radio Sender, welcher auf den schönen Namen „Cadena Ser“ hört, soll Hildebrand nun zunächst für ein Jahr verliehen werden, um dann erst ab der übernächsten Saison für die Spanier das Tor zu hüten.

Infolge dessen darf man sich wohl fragen, welcher Verein es sich leisten kann und will, einen solchen Torwart lediglich für eine Saison auszuleihen. Die sportliche Perspektive scheint nicht besonders gut zu sein.

Dumm gelaufen für einen ambitionierten Torhüter wie Hildebrand, der in Stuttgart inzwischen die Teilnahme an der Champions League sicher hätte und, mit entsprechenden Verstärkungen versehen, mit diesem Team in Europa durchaus eine Rolle spielen könnte.

Es steht zu befürchten, dass sich Hildebrand in der kommenden Saison in den Niederungen, im besseren Fall im Mittelfeld, des spanischen Profifußballs wieder finden wird.

Nun mag der geneigte Fan fragen, was dagegen spräche, den Torhüter für eine Saison an Stuttgart zu verleihen.

Ganz einfach: ein Schäfer spricht dagegen.

Nachdem der Abgang Hildebrands sicher war, kümmerte sich Stuttgarts emsiger Manager Horst Held, seines Zeichens noch sehr neu im Geschäft, aber mit einem durchaus „glücklichen Händchen“ versehen, um die Nachfolge des scheidenden Nationaltorhüters. Und er sicherte sich und dem VfB sehr bald die Dienste des „noch Nürnbergers“ Rafael Schäfer, welcher auch schon des Öfteren am Dunstkreis der Nationalmannschaft geschnuppert hat und zu den Top-Schnappern der deutschen Liga gehört.

Diesen kann und will der VfB nun nicht ins zweite Glied zurück versetzen, so dass für Hildebrand die Tür zur europäischen Spitzenliga, zumindest mit dem Team, welches mit seiner Hilfe gerade auf dem Weg ist, die beiden wichtigsten deutschen Titel ab zu räumen, verschlossen ist.

Man darf gespannt sein, wohin der Weg eines der größten deutschen Torwarttalente führt.

Gönnen mag man ihm sicher die Spitzenklasse. Dennoch scheint im Augenblick so einiges ungewiss.

Wollen wir nicht hoffen, dass sich Timo Hildebrand ein weiteres Mal verzockt hat…



Sebastian Derix für www.footage-magazin.de

Freitag, 11. Mai 2007

Fight Club

Fight Club

Wir schreiben den 6. Mai 2007. Ein wunderbarer Tag zum Fußball spielen ist dieser Sonntag, an dem die letzten beiden Spiele des 32. Spieltages der diesjährigen Saison stattfinden. Die Hertha aus Berlin spielt im heimischen Olympiastadion um die wahrscheinlich allerletzte Chance auf das internationale Geschäft, der Gast, Werder Bremen, will weiterhin im Meisterschaftskampf zugegen bleiben.

Schnell steht es 1:0 für die Bremer. Berlin scheint in argen Nöten zu sein.

Dann kommt die 36. Spielminute. Eine Minute, in der sich der Bremer Verteidiger Christian Schulz die Gesichtsmaske des Berliner Torwartes Fiedler gewünscht haben dürfte. Nichts ahnend geht er in einen Zweikampf, mitten in der Berliner Spielhälfte. Doch genau dort kommt er angerauscht. Das rechte Bein hoch in der Berliner Luft, trifft Herthas Innenverteidiger Josip Simunic den Bremer mitten im Gesicht. Eine klaffende Platzwunde, nahe des Auges, ist die Folge. Schulz muss ausgewechselt und ins Krankenhaus gebracht werden. Zum Glück ist, außer ein paar, inzwischen genähten, Risswunden am Kopf des Bremers, nicht viel passiert.

Und doch muss man sich fragen: Was reitet einen erfahrenen Spieler wie Simunic, so in einen Zweikampf zu gehen?

Er behauptet, den Gegner nicht gesehen zu haben.

Umso fragwürdiger ist es, ob ein solcher Einsatz nötig ist.

Nun, man könnte sagen, dass es sich um einen Vorfall handelt, der schon mal passieren kann, der bedauerlich ist, in einer körperbetonten Sportart wie Fußball aber immer mal wieder vorkommt.

Doch, gerade im Falle Simunic, muss man dies fast zwangsläufig zumindest hinterfragen.

Ein Spieler, der einst als bester Verteidiger der Liga geadelt wurde, hat es, durch seinen dritten Platzverweis in den letzten fünf Heimspielen der Hertha, inzwischen auf Platz 13 der „ewigen Bestenliste“ der Spieler mit den meisten roten Karten gebracht und ist mit seinen inzwischen fünf, dem Führenden der Rangliste der Bundesliga, einem gewissen Jens Nowotny mit 8 roten Karten zwischen 1995 und 2004, mächtig auf den Fersen.

Verliert Simunic die Nerven? War es einfach zu heiß auf dem Platz?

Freilich ist die Berliner Hertha eine der schwächsten Mannschaften der Rückrunde, erst vor kurzem wurde der Trainer ausgetauscht. Die Situation ist wirklich zum „Haare raufen“.

Doch, kann man nicht von einem vielfachen Nationalspieler und WM-Teilnehmer (man bedenke die dreifache gelbe Karte in Stuttgart, Graham Poll sei´s gedankt), erwarten, dass er sich einigermaßen im Zaum hält? Muss nicht ein Spieler, der inzwischen bemerkt haben dürfte, was erlaubt und was es eben nicht ist, sich in soweit zurück nehmen, dass es ihm nicht passiert, mit seinem Fuß in das Gesicht des Gegners zu gelangen?

Ich will einen Menschen, der sich selbst als „stets korrekt, herzlich und nett bezeichnet“ nicht an den Pranger stellen, schließlich hat er sich inzwischen bei seinem Gegenspieler entschuldigt.

Dennoch muss die Frage erlaubt sein, ob Simunic sich eigentlich Gedanken über seine Platzverweise macht. Die Hertha wird es wohl tun. Immerhin fehlt der Verteidiger nun für den Rest der Saison und noch darüber hinaus. Es wird nicht im Abstiegskampf enden, doch hat „Joe“ mit diesem erneuten Platzverweis seinen Mannschaftskollegen einen Bärendienst erwiesen. Das internationale Geschäft kann man in Berlin, zumindest für diese Saison, wohl dennoch zu den Akten legen.

Bleibt zu hoffen, dass irgend jemand den Klimawandel stoppt und dass es Ende August dieses Jahres, wenn es daran geht, den dritten Spieltag der kommenden Saison in Angriff zu nehmen, nicht ganz so heiß ist, zumindest in Josip Simunics Kopf …




Sebastian Derix für www.footage-magazin.de

Per Anhalter durch die Galaxis

Per Anhalter durch die Galaxis

Schon der Autor des großartigen Werkes „Per Anhalter durch die Galaxis“, Douglas Adams, wusste, dass die „42“ die Antwort auf die Fragen aller Fragen ist. Was denn die Frage aller Fragen ist, beantwortete er in seinem ersten Band nicht.

Klaus Augenthaler, seines Zeichens Trainer beim abstiegsbedrohten VfL Wolfsburg, muss ein großer Fan dieses Buches sein. Ein so großer sogar, dass er die Bedeutung der „42“ noch einmal klar stellen wollte.

„42“ war nämliche genau die Anzahl an Sekunden, die er heute während der Pressekonferenz der Wolfsburger auf dem Podium verbrachte.

Nicht, dass dies nicht schon ungewöhnlich genug wäre, er nahm den Journalisten auch noch gleich die Mühe ab, ihre Fragen zu stellen.

Ganz im Stile Adams´ gab er Antworten, ohne eigentlich zu wissen, was die Frage gewesen wäre.

Aber, Augenthaler ist ein Fuchs. Er, immerhin Weltmeister von 1990, stellte sich bzw. den Pressemitarbeitern, um die Verwirrung nicht zu groß werden zu lassen, die Fragen einfach selbst. 4 Fragen stellte er sich, beantwortete sie, jedoch keine 2 mal.

So war es denn wohl auch eine der ungewöhnlichsten Pressekonferenzen bisher und wird es auch bleiben, bis die Erde endgültig durch die Vogonen zerstört wird, um einer interstellaren Teststrecke des Volkswagen Konzerns Platz zu machen.

Der, der noch im „Anhalter“ Arthur Dent hieß und sich dort staunend den Werken seines Co-Helden ergab, ist im vorliegenden Fall wohl Manager Klaus Fuchs. Überrumpelt von der plötzlichen Liebe seines Chefcoachs zur Literatur, blieb ihm wahrscheinlich zunächst der Mund offen stehen, ähnlich wie einem Großteil der versammelten Weltpresse. Dabei waren sie doch eigentlich gekommen, um sein Haus ein zu reißen. Mit Schreibblöcken und Mikrofonen wie Bulldozern standen sie vor ihm und warteten, dass er sich vor ihnen in den Matsch würfe, um um Vergebung zu winseln.

Doch, der Griesgram Augenthaler hat es allen gezeigt. Er kanzelt die ihn hetzende Meute sang- und klanglos ab. Eine spektakuläre Aktion, ohne Zweifel bisher einzigartig.

Doch, hat er sich damit wirklich einen Gefallen getan?

Gewinnt Wolfsburg am Wochenende, ist alles gut, hat er alles richtig gemacht.

Geht der Verein für Leidgeplagte jedoch auch an diesem Wochenende vor die Hunde, wird sich eine Hatz anschließen, die nicht eher endet, bis dem Leitwolf das Fell über die Ohren gezogen wurde.

Man darf also gespannt sein, ob das Kapitel Augenthaler in Wolfsburg eine ebenso erfolgreiche Fortsetzung erfährt, wie Adams´ „Anhalter“.

Hoffen wir, dass der gute Klaus sich ein paar Tüten Erdnüsse gesichert hat, denn wer noch niemals Stoffumwandlungsstrahlen ab bekommen hat braucht sie, um den Kater danach auszugleichen…


Sebastian Derix für www.footage-magazin.de

Freitag, 6. April 2007

Die Revanche

Die Revanche

Mehr als zehn Jahre ist es her, dass ein Boxer, den sie den Gentleman nannten, seinen Abschied vom aktiven Sport nahm. Henry Maske hatte schon vor seiner zehnten Titelverteidigung im Vereinigungskampf der Boxverbände WBA und WBO verkündet, dass es sein letzter Fight sein werde. Der Kampf ging in die Hose, Hill gewann und wurde „vereinigter“ Weltmeister. Maske trat tränenreich ab.

Fortan trat er öffentlich nur noch selten in Erscheinung und wenn, dann auch nur als Experte oder Lebe- und Geschäftsmann.

Doch im grauen Herbst des Jahres 2006 kam auf einmal das Gerücht auf, Maske wolle wieder boxen. Im Laufe der Zeit, inzwischen hatte auch Kollege Axel Schulz sein Comeback angekündigt, wurde klar: Maske will es noch einmal wissen. Und zwar gegen seinen damaligen Gegner Virgil Hill. Dieser hatte während Maskes zehnjähriger Pause kontinuierlich weitergeboxt und war kurz zuvor erneut Weltmeister geworden. Dieses Ereignis schien in Maske den dringenden Wunsch nach einer Revanche zu erwecken und zu erhärten.

Heute nun war der Tag der Tage. Die Revanche.

Maskes Comeback wird begleitet vom Bühnencomeback der Sängerin Sarah Connor, welche nach ihrer Babypause nun auch wieder ihr Publikum erfreut. Der Einmarsch des Gentleman war beeindruckend. Ruhig, konzentriert und absolut auf seine Aufgabe fokussiert erschien der ehemalige Weltmeister am Ring.

Showman „Quicksilver“ Hill kam, als Indianer verkleidet, deutlich lockerer und augenscheinlich sehr von sich überzeugt.

Der Kampf begann, eine ungeheure Anspannung macht sich auch beim Zuschauer breit. Das Publikum in München jubelt seinem deutschen Helden zu. Die Kämpfer beginnen sehr verhalten, taktisch, Maske wird später von einem „Kopfkampf“ sprechen. Abwartend, vorsichtig die Distanz austastend kommt der Gentleman langsam in den Kampf. Sind die ersten Runden noch leicht von Hills Aktivität geprägt, so gewinnt Maske doch im Laufe der Zeit immer mehr an Sicherheit und beginnt, den Kampf zu diktieren.

In Runde acht krachen die kämpfenden Stiere mit ihren Köpfen gehörig aneinander, blutend geht Quicksilver Hill zu Boden. Der Ringrichter entscheidet auf einen unabsichtlichen Kopfstoß, Punktabzug für Maske um den Punktabzug für das zu Boden Gehen des Gegners auszugleichen. Das Publikum tobt. Und ein wütender Hill versucht, seinen Gegner auszuknocken. Allerdings für seine Verhältnisse viel zu zaghaft.

Maske hat alles im Griff. Er kontrolliert von nun an das Geschehen, schlägt dosiert aber sicher. Diesen Kampf kann er nur noch verlieren, sollte er aus Versehen in einen wilden Schwinger seines Gegners laufen.

Das passiert nicht.

Nach zwölf spannenden, nicht immer actiongeladenen Runden großen Boxsports endet der Fight. Henry Maske ist über die volle Distanz gegangen und hat, nach zehnjähriger Abstinenz, einen Klassefight abgeliefert. Taktisch auf höchstem Niveau, klug, überlegt und niemals in Gefahr.

Er lässt sich feiern, erscheint der sichere Sieger. Und, anders als bei seinem letzten letzten Kampf bestätigen die Punktrichter genau dies.

Henry Maske hat gewonnen. Die Revanche ist perfekt!

Wie ein zwölfjähriger hüpft der Mittvierziger durch den Ring. Selten, wenn überhaupt, wurde er so ausgelassen und locker gesehen.

Hill, wie ein trotziges Kind, fordert noch im Ring einen erneuten Rückkampf, Maske empfiehlt gleich darauf, er möge sich in zehn Jahren noch einmal melden.

Ohne erkennbare Schrammen und Wunden steht der Gentleman nach dem Kampf vor jeder Kamera und lacht. Er hat seinen Frieden gemacht mit dem Sport.

Kann eine Karriere ein schöneres Ende finden?

Januar 06 ...

Januar 06


In diesen Tagen geht er los; der Abriss des altehrwürdigen Mönchengladbacher Stadions, dem Gladbacher „Bökelberg“, geht nun wirklich in seine entscheidende Phase. Die Bagger sind angerückt, die Sprengung der Haupttribüne wird wohl in einem Monat vonstatten gehen.

Die Borussia ist schon seit der letzten Saison im neuen Schmuckkästchen im Borussiapark zuhause, und die Arena wurde von den Zuschauern angenommen, wie es sich kaum jemand hat träumen lassen. Die Saison läuft bisher recht gut und die Borussia steht auf einem gesicherten siebten Platz.
Da sollte doch eigentlich jeder Fan zufrieden sein. Die meisten sind es auch, doch ein paar Unverbesserliche trauern dem „guten alten Berg“ hinterher. Jenem alten Naturstadion, welches schon im Jahre 1919 eingeweiht und seitdem kontinuierlich auf- und ausgebaut wurde. Hier feierte die Borussia glanzvolle Siege und erlitt schreckliche Niederlagen. Teilweise wurde der Bökelberg sogar zu klein, sodass man umziehen musste und seine internationalen Spiele im Düsseldorfer Rheinstadion, welches auch nicht mehr existiert, austragen. Doch immer strahlte dieses Stadion einen unterschwelligen Glanz aus, eine mysteriöse Anziehungskraft ging von ihm aus. Nicht nur Borussenfans hielten es für ein ganz besonderes.

Doch diese Zeiten sind vorbei. Das letzte Spiel auf dem altehrwürdigen Bökelberg fand im Frühjahr 2005 statt. Seitdem liegt die ehemals stolze Arena mehr oder weniger ungenützt da. Es fanden bis vor kurzem noch vereinzelt Führungen durch das „Allerheiligste“ statt, doch seit Anfang des Jahres ist auch dies passé. Das Stadion zerfällt, wird von der Natur, der es einst entrissen wurde, zurückerobert.

Es ist ein trauriger Moment, zu sehen, wie Moos über Treppen und Geländer wächst, wie der einstmals heilige Rasen zu einem Acker, von Maulwürfen und Löwenzahn durchsetzt, verkommt. Auch für denjenigen Fan, der sich inzwischen in der neuen Arena wohl und heimisch fühlt, sollte es ein Muss sein, noch einmal Abschied zu nehmen von einem großen Stadion.

Auch wenn es schmerzt die Stätte der frühesten Borussen-Stadion-Erfahrungen so „leiden“ zu sehen, ich war froh noch einmal zu sehen, wo ich so viel Spannendes, Aufregendes und Schreckliches gesehen habe. Ich habe den „Berg“ noch einmal besucht, ihn mir eingeprägt in seiner „fast“ Vollständigkeit und kann nun sagen:

Es ist schade, dass er stirbt; aber der Mythos wird weiterleben, er ist umgezogen …

Das Geschäft

Das Geschäft

Wir schreiben den 24. Spieltag der ersten Fußball Bundesliga.

Keine besonderen Vorkommnisse bisher, das Freitagsspiel, wie erwartet, unentschieden zu Ende gegangen. Und nun sitzt er da.
Ein langweiliges Spiel, nicht wirklich schlecht und dennoch nichts Bedeutendes passiert.
Die beiden Mannschaften aus dem Mittelfeld der Tabelle hatten sich quasi eingegraben in der eigenen Hälfte, jegliche Angriffsbemühungen eingestellt und somit auch in der Abwehr nahezu nichts zu tun gehabt.
Und was soll er nun schreiben?
Morgen früh will der Leser in großen Lettern lesen, was der verdammte Erzfeind sich erdreistet hatte zu tun.
Es ist manchmal durchaus praktisch, eine nationale Zeitung mit regionalen Einlagen zu würzen…aber eben nur manchmal
Doch was nun? Die erwartet Schlacht im Derby blieb aus, langweiliges Gekicke.

Da kommt ihm der rettende Gedanke:
„Das kann doch nur des Trainers Schuld sein! Wer eine Mannschaft so lieblos auf den Platz schickt, kann sein Herz nicht auf dem rechten Fleck tragen. Und erst recht kann er kein geeigneter Trainer in der derzeitigen Situation sein. Wenn schon der Kapitän keinen rote Karte bekommt, wo bleibt dann der Einsatz? Der Trainer erreicht die Mannschaft einfach nicht mehr. Geht es so weiter, ist der Abstieg beschlossene Sache.“
Haha, das ist doch mal ein Aufmacher. Was stört es ihn, dass am nächsten Tag alle Kollegen den Trainer bestürmen, um seine Stellungnahme zur aktuellen Krise zu erhaschen?

Zweifelsohne, diese Mannschaft gehört in eine Krise!

Wer sich herausnimmt einen solch großen Trainer zu verpflichten, vom UEFA-Cup zu sprechen und dann dennoch nur um den 8 Platz mitspielt, der hat definitiv ein Problem!

Der Tag geht, ein neuer Tag kommt.

Wunderbar! Die Kollegen sind aufgesprungen auf den Zug! „Der Trainer muss weck! Es kann doch nicht angehen, dass heute beim Training beide Stammstürmer nicht einmal das Tor getroffen haben! Und der neue Abwehrmann, habt ihr ihn gesehen? Der ist über seien eigenen Füße gestolpert, als er sein Handgeld aufheben wollte …“

Der Tag geht, ein neuer Tag kommt.

Man, der Alte hat schon wieder den gleichen Trainingsanzug an. Hat der nur den einen? Wird er vom Verein knapp gehalten, weil die ihn schon in Kürze nicht mehr brauchen? Heute hat er seinen Co auch nur mit 4, anstatt mit 7, freundlichen Worten begrüßt. Spannungen?

„Die Luft wird dünner, einen so arroganten Trainer kann man sich in der derzeitigen Situation nicht erlauben!“

Der Tag geht, ein neuer Tag kommt.

„Auf dem hinteren Trainingsplatz spricht der Kapitän lange mit dem Sportdirektor. Ist das schon der Abschied? Nachdem die Entlassung des Trainers schon beschlossene Sache zu sein scheint, wackelt auch der Stuhl des zweiten Mannes im Sportlerstaat.“

Englische Woche:

„Die Mannschaft wirkt verunsichert, keiner rennt mehr. Ein Spieler berichtet: „Wir wissen nicht mehr, wo wir eigentlich stehen. Die Kommunikation ist gestört.“
„Wir wolln Euch kämpfen sehen!“, schallt es vereinzelt aus der Kurve, wenn man denn unter dem Teppich von Pfiffen überhaupt noch etwas verstehen kann. Eine Leuchtrakete fliegt in Richtung Trainerbank, zufällig.“

Der Tag geht, ein neuer kommt.

„Geisterspiele“ ist das Stichwort. Die Brutalität nimmt auch in Deutschland immer mehr zu.

Ein Trainingsbeobachter: „Aber, wenn eine Mannschaft sich so präsentiert, braucht sie sich nicht wundern, wenn die Zuschauer pfeifen“.
Die besten Fans der Liga…

Der Tag geht, ein neuer kommt.

Der Spieltag ist vorbei. Schon wieder einen Platz verloren. 11ter.
„Wann gibt der Trainer endlich auf? Sportdirektor, go home. Was habt ihr eigentlich geleistet? Wenn wir unsere Arbeit so machen würden wie ihr, dann hätten wir keine!“

Der Tag geht, ein neuer kommt.

„Der UHU Trainer klebt an seinem Stuhl. Noch eine Niederlage und er wird gerupft! Die Geier lauern schon!“

Der Tag geht, ein neuer kommt.

Spieltag. Wird alles anders!

„ „Du bist die schwarze Perle mit langen Beinen, schieß uns zum Sieg!“ Trainer versagt schon
wieder. Taktischer Schwachsinn bedeutet den freien Fall auf den 13. Platz. Wann wird gehandelt?“

Der Tag geht, ein neuer kommt.

Sonntag, Pressekonferenz. Endlich was zu tun. Schon früh findet er sich im Pressebereich des Stadions ein. Er befragt sprachlose Spieler, empörte Fans und einen bestürzten Vorstand.

Der Trainer ist weg. Entlassen, zurückgetreten, was auch immer.

„Hauptsache weg“, denkt er,

„Eine gute Story! Hat funktioniert!“

Die Hinterbliebenen

Die Hinterbliebenen

„Der König ist tot, …“ nun ja, tot ist er nicht, aber er spielt nicht mehr mit.

Michael Schumacher hat nach jahrhunderte langer Dominanz seine Spielwiese verlassen. Werden die Fans auch weiterhin zusehen, wie lustige bunte Autos in wilden Kreisen durch die Landschaft fahren, sich beizeiten von der Straße kegeln, ab und an zum tanken anhalten? Wird es die Fans noch interessieren, wenn am Ende, gesetzt den Fall ein Fahrer war schneller als seine Kollegen, einen Teller, eine Tasse, eine Blumenvase oder irgendetwas anderes zum Geschenk gemacht bekommt? Was wird aus den Duschen, vornehmlich mit perlenden Getränken, entweder mit oder, in islamischen Staaten, eher ohne Alkohol?

All diesen Spaß lässt sich der siebenfache Weltmeister jetzt entgehen. Vielleicht hat er einfach genug Geschirr gesammelt, vielleicht will er lieber mit Wasser duschen. Man weiß es nicht und es soll auch an dieser Stelle nicht interessieren.

Wichtig ist einzig, dass das Spektakel wieder losgeht. Die neue Saison steht an. Am kommenden Wochenende werden die Boliden erneut gestartet. Australien ist der Austragungsort des ersten Formel 1 Rennens nach Michael Schumacher.

Was wird sich ändern?

An erster Stelle sind natürlich die neuen Regeln zu beachten. Motoren müssen länger halten, dürfen sich nur noch ca. viermal so schnell drehen wie die eines Serienfahrzeugs, alle Autos fahren mit Reifen aus Brückensteinen.

Doch was ändert sich sonst durch den Abgang des großen Helden?

Einige Fahrer werden sich freuen, Schumacher war beileibe nicht bei allen Kollegen beliebt. Man erinnere sich nur an die Duelle mit Damon Hill, David Coulthard, Jaques Villeneuve, Mika Häkkinen, oder bisweilen auch mit dem eigenen Bruder. Michael Schumacher war teilweise rücksichtslos, wenn es darum ging seine Ziele durchzusetzen. Doch wahrscheinlich allein durch dieses Durchsetzungsvermögen, gepaart mit seinem grandiosen fahrerischen Können, war eine Karriere wie die seinige überhaupt möglich.

Und ganz sicher hat er durch seine Erfolge auch den Weg geebnet für inzwischen 4 deutsche Fahrer in der Formel 1.

So werden auch sicher eine Menge Piloten traurig sein, dass seine aktive Laufbahn beendet ist. Der Chef vom Ganzen, Bernie Ecclestone, wird sicher auch betrübt sein, schließlich bricht ihm ein ganz wichtiges Zugpferd für seine Rennserie weg.

Am schlimmsten trifft es aber wohl die Millionen von Fans in und um Bergheim, in ganz Deutschland und wahrscheinlich auch auf der ganzen Welt. Sie verlieren ihr Idol, ihren Stern, teilweise hat man den Eindruck, ein Lebensinhalt geht verloren. Die Trauer war groß, als der „Schuminator“ sein Kariereende verkündete. Es liefen die Tränen in Strömen, viele waren schlichtweg geschockt. Doch, die Show muss weitergehen.

Es liegt nun am Rest der Rennbrüder die Serie am Leben zu erhalten oder sie erneut mit selbigem zu füllen.

Die Chance ist da. Schließlich haben sich in den letzten Jahren ernsthafte Konkurrenten für das „Denkmal“ Schumacher heraus kristallisiert. Man nehme nur den jüngsten Weltmeister aller Zeiten, Fernando Alonso, man denke an Kimi Raikkönen, der direkte Nachfolger im roten Renner, der „kleine“ Schumacher ist auch ein großer Publikumsmagnet, so wie die große Anzahl an jungen Talenten in mehr oder weniger konkurrenzfähigen Autos.

Die Formel 1 hat ihren König verloren, gleichwohl es wird ihr Schaden nicht sein.

Michael Schumachers Einstieg in die fahrerische Rente kann der versammelten Fahrerschaft sogar gut tun, schließlich können sich die Fans jetzt neu verteilen, neue Idole finden und diesen zujubeln.

Es wird ein Spaß werden, dessen bin ich mir sicher. Also, Ladies and Gentlemen, please start your engines…!

Eine Karriere mit Hindernissen

Eine Karriere mit Hindernissen

Wir schrieben die Tour de France 1996. Bjarne Rijs warf während des Zeitfahrens seine Maschine in hohem Bogen in den Straßengraben. Sein junger Teamkollege, Jan Ullrich sein Name, gewann, wurde Tour-Zweiter und startete seine atemberaubende Karriere. Er löste einen wahren Radsport Boom in Deutschland aus.
Ein Jahr später gewann er sogar als erster Deutscher überhaupt dieses schwerste Radrennen der Welt.
Ein neuer Stern am deutschen Sportlerhimmel war aufgegangen. Was folgte, war eine Karriere, wie man sie hätte nicht besser erfinden können. Sollte jemand einmal auf die Idee kommen, einen Roman in der Radfahrerszene zu verankern, er könnte sich an dieser Laufbahn orientieren.
Der steile Aufstieg, dann, im Zuge der ersten schwereren Verletzung, der Absturz. Ullrich parkte seinen Porsche in einem Fahrradständer, bemerkte den Fehler und machte sich von dannen. Dass dies nicht ganz den Verkehrsregeln entsprach, war ihm wohl entfallen. Nach einer durchzechten Disconacht, wurde ihm der Missbrauch von XTC-Pillen nachgewiesen. Ein Versehen, wie er immer wieder betonte.

Gut, ein junger Sportler kann durchaus einmal an die falschen Typen geraten, vor allem, wenn es ihm gerade richtig dreckig geht.
Doch aus diesem Tief zog er sich quasi an den eigenen Haarproben wieder heraus.
Ullrich schuftete für sein Comeback, musste noch das ein oder andere Problemchen sein zukünftiges Team angehend lösen und war bereit auf die große Bühne zurückzukehren.
Und wie er zurückkam. Inzwischen für das Bianchi Team fahrend, klebte er geradezu an den übermächtigen Hinterreifen des Tourminators Lance Armstrong. Er zeigte gar die Größe auf jenen zu warten, als der es vorzog durch eine schöne gelbe Tasche zu fahren und einen Purzelbaum zu schlagen. Am vorletzten Tag, beim üblichen Zeitfahren, hatte Ullrich sogar die Chance, Armstrong noch einzuholen. Doch, es war kein Ullrich-Wetter. Er liebte es zeit seiner Karriere heiß und sonnig, hier jedoch regnete es in Strömen. Den fallenden Bindfäden passte sich Ullrich an und durchquerte einen Kreisverkehr im Liegen, die Siegchance war dahin. Und dennoch war es am Ende ein Ergebnis, das wohl selbst Ullrich sich vor der Tour nicht zu erträumen gewagt hätte.
Den zweiten Platz in der Tasche wechselte Ullrich zurück zu seinem „Stamm-Team“, inzwischen T-mobile geheißen, um mit einer aufgerüsteten Mannschaft endlich einmal wieder die große Schleife als Sieger zu beenden. Wohlgemerkt, so lange der große Lance noch fuhr.
Es sollte nicht werden. Podiumsplätze schaffte er bei jedem Auftritt, der Sieg war ihm nur einmal vergönnt.
Dann der große Augenblick. Armstrong dankte nach seinem siebten Triumph ab, Ullrich wollte weiterfahren. Er wollte endlich, und sei es ein letztes Mal, die Tour gewinnen.
2006. Die Vorbereitung schien großartig gelaufen, Ullrich fit wie selten zuvor.
Doch es kam der böse 30. Juni 2006. Schon kurz zuvor waren schlimme Gerüchte über einen Dopingskandal, geleitet vom spanischen Arztes Fuentes, aufgekommen. Ullrich und dieverse andere Spitzenfahrer wurden des Betruges beschuldigt. An jenem 30. aber, dem Tag vor Beginn der Tour, wurde u.a. auch Jan Ullrich von seinem Team, in Absprache mit der Tourleitung aus dem Rennen genommen.
Für ihn brach eine Welt zusammen, er sei unschuldig ließ er immer wieder übermitteln, geschockt, er brauche Ruhe.
Der Skandal wurde größer und größer, Ullrich stiller und stiller. Eine DANN Probe wurde zunächst nicht abgegeben, stattdessen gegen die Ermittlungsmethoden der Spanier gewettert.
Es wurde still um Ullrich. Alle, die mit ihm angeklagt und suspendiert worden waren, waren inzwischen wieder aufs Rad und die Straße zurückgekehrt. Nur er musste weiter schmoren.
Dann kam der 26.2. 2007. Pressekonferenz. Ullrich wollte sich äußern.
Er tat es. Er bleibe dem Radsport erhalten, verhaltener Applaus, nur nicht als aktiver Fahrer. Das hat gesessen. Die Karriere ist vorbei. Kurz und bündig.
Er hat dem Druck nicht mehr standgehalten. Er hatte keine Lust mehr, sich der erneuten Qual einer ganzen Saison hinzugeben. Oder, er hatte keine Lust, sich weiter mit den Dopingvorwürfen auseinanderzusetzen.
Natürlich wird die Geschichte bleiben. Natürlich scheint da so einiges im Argen zu sein.
Und dennoch, hat es nicht ein Sportler, der so viel für den deutschen Radsport getan hat, verdient, eine faire Chance zur Erklärung dieser Geschichte zu bekommen?
Hat er gedopt ist er zu bestrafen, meinetwegen auch mit Missachtung. Doch, kommt heraus, dass er nichts Unerlaubtes getan hat, sollte sich so manch einer beim ehemaligen Helden entschuldigen.
Wir werden (hoffentlich) irgendwann erfahren, was dran war am Fall Ullrich, der eine erfolgreiche und doch steinige Karriere beendete.

Feuer und Flamme

Feuer und Flamme

Die Seele brennt – aber wie lange noch?
So langsam werde ich gleichgültig. Es wundert mich schon lange nicht mehr, dass mein Verein, die einzig wahre Borussia, Woche für Woche die Punkte abgibt, teilweise sogar ohne großartige Gegenwehr. Der Schmerz ist noch da, dennoch ist die Gewöhnung wie eine dicke Schicht aus Hornhaut. Man stumpft ab. Die Nadeln treffen, allein, sie stechen nicht wirklich.
Es ist immer dasselbe: ich stehe entweder im Stadion und schaue mir den Blödsinn live an, sitze vor der Arena Übertragung, oder, wie viel zu oft, ich versuche auf der Arbeit via Videotext oder SMS-Ticker einen Überblick zu erhalten.
Eigentlich ist das Ergebnis immer gleich. Wir liegen zurück, wir versuchen fünf bis elf Minuten zu kämpfen, wir, naja, natürlich nicht wir, sondern die Spieler, stellen die Arbeit wieder ein und spätesten um 17 Uhr 25 steht eine erneute Niederlage fest.
Aufgrund der Regelmäßigkeit nehme ich das Ergebnis zur Kenntnis und gehe zur Tagesordnung über.
Natürlich wird, aus angeborenen Masochismus oder Ähnlichem, die Zusammenfassung in der Sportschau oder dem Sportstudio betrachtet, doch der wirkliche Schmerz bleibt zeitweise aus.
Ist das ein schlechtes Zeichen?
Gute Frage.
Spätestens am kommenden Montag begebe ich mich wieder, mit der ein oder anderen Borussia - Devotionalie bekleidet, in die Öffentlichkeit. Verwunderlich eigentlich, ernte ich doch weitestgehend Spott und Häme.
Aber irgendwie ist es die brennende Seele, die mich immer wieder die Bekenntnis zu meinem Verein veröffentlichen lässt. Die Spieler können es nicht sein, die machen ihren eigenen Blödsinn auf dem Platz und haben mit der Seele des Fans scheinbar nichts, aber auch gar nichts, am Hut. Wer auch immer ihr Gehalt bei Ausbleiben der Fans bezahlt, scheint ihnen vollkommen egal zu sein.
Es ist ein Trauerspiel.
Und dennoch zeigt genau diese endlose Leidensfähigkeit, dieses niemals Abwenden, dass die Seele brennt. Sie lodert. Die Flamme wird niemals erlöschen, ich stehe zur Borussia, immer, überall!

Bin ich blöd? :crazy:

Abstiegskampf

Abstiegskampf

Wie weit muss die Liebe zum Fußball gehen?

Vor kurzem strahlte der Sender RTL II die „erste Fußball-Soap für Frauen“ aus.
16 Antisportler, welche ihren Lebtag noch nie gegen einen Ball getreten hatten, sollten innerhalb von zehn Wochen von einem Kompetenzteam, dem
ein gewisser Herr Matthäus vorstände, zu gestandenen Fußballern gemacht werden.

Über jenen Herrn Matthäus schreibt denn auch die Website der Bananenborussen:
„Nur ganz wenige andere Fußballspieler weltweit können auf eine ähnlich brilliante Karriere verweisen wie Lothar Matthäus.

Mit dem FC Bayern München wurde er dreimal Deutscher Meister, um schließlich die Deutsche Nationalmannschaft als Kapitän zur Weltmeisterschaft zu führen. Seit dem Ende seiner Profikarriere im Jahr 2000 ist er ein international erfolgreicher Trainer.“

So weit so gut, doch was reitet ihn, sich inzwischen bei jedem freiwerdenden Job in der Bundesliga oder im erweiterten
Bereich des DFB zu bewerben, unterschwellig ins Gespräch zu bringen, oder gar vollkommen plump aufzudrängen? Geltungssucht? Die Erinnerung an „alte Zeiten“? Oder einfach nur die innerste Überzeugung, dass er der (einzig) Richtige für diesen, jeden Job sei?!

Bekommen hat er diese Stellen nur sehr selten. Manchmal verdarben ihm sogar die Fans (wie unlängst beim 1. FC Nürnberg) ein Engagement. Und dennoch steht da dieser Mann mit seinem unglaublichen Selbstbewusstsein, einer äußerlichen Gelassenheit, als hätte man ihm gerade einen unkündbaren Vertrag bei der Selecao angeboten.

Jener Lothar Matthäus also erklärte sich im Sommer bereit, neben seiner anscheinend nicht tagesfüllenden Aufgabe als ungarischer Nationaltrainer, eine Mannschaft aus diesen Bananen zu formen, sie zu echten Fußballern zu machen.

Nicht, dass dieses Unterfangen nicht schon mit gemäßigten Hobbyfußballern zur Tortur geworden wäre, doch in dieser Sendung sollte dem Zuschauer offensichtlich gezeigt werden, dass ein Trainer wie Matthäus. . . Wir sollten sehen. Jeder Spieler könne, in Kombination mit seinem ebenfalls grandios gewachsenen Team am Ende der Staffel in einem „echten“ Fußballspiel gegen den glorreichen FC St. Pauli bestehen und dies, ohne sich oder jemand anderem das Genick zu brechen.

Nun, dem war nicht so. Zwar gab es tatsächlich nur sehr wenige Kreuzbandrisse und nahezu keine Genickbrüche, doch war der tatsächliche sportliche Erfolg recht beschränkt. Immerhin gelang es Matthäus' Team, zwei Tore in Hamburg zu erzielen. Das Spiel ging dennoch verloren.

Bleibt die Frage: Wer braucht so etwas?

Zugegeben: Auch ich habe mir die ersten Schritte der Fußballkinder genüsslich und nicht ohne eine Portion Schadenfreude
angesehen. Sie waren einfach zu süß, wie sie über das Feld tapsten, als läge der Zeitpunkt ihrer Geburt nur um wenige Minuten hinter dem der ersten Drehgenehmigung. Auch fand ich es grandios, wie man nach nur einem Tag Training mit dem ungarischen Nationaltrainer immerhin gegen eine gestandene Damenmannschaft zu einer Torchance kommen kann und dabei nur fünf Gegentore Spiel zuzulassen.

Die Bananen trainierten mit ausgewachsenen Sportgrößen aus allen Bereichen, traten gegen bärenstarke Footballer an und lernten, sich gewitzt und mehr oder minder erfolgreich („Bei uns steht der Vordergrund im Spaß“ Christian, 22, Koch) in der Medienwelt zu produzieren, wie es sich für einen echten „Star“ gehört. Es wurde gar, ganz wie es sich für herausstechende Mannschaften zu Weltmeisterschaften gehört, eine CD eingespielt, auf der auch Trainer Matthäus seine gewaltige Stimme sprechen ließ - ähnlich erfolgreich, wie zu seinen Spielerzeiten. . .

Durch den neu gewonnenen Ruhm durften die „Bananas“ auf Promi-Partys, erlebten, wie es ist wenn man
„Fans“ hat, knüpften zarte Bande zu dem zerbrechlichen Geschlecht und mussten lernen: Wer feiern kann, kann auch arbeiten; will heißen: Nach durchzechter Nacht trainiert es sich nicht immer mit Freude.

Aber die große Frage steht noch im Raum: Hat dies, und wenn ja, was, mit dem Sport zu tun, den wir alle unter dem Begriff Fußball kennen. Ein jeder Trainer vor dem Bildschirm schüttelt den Kopf. Jedweder, auch mit noch so viel überflüssigen Kilos ausgestattete Aushilfskicker glaubt, er könne jeden einzelnen dieser Spieler auf Friedrich Merzens Bierdeckel austanzen.

Es ist doch kein Fußball, wenn sich Menschen nahezu jeden bewegungsfähigen Alters zusammenrotten um sich so offensichtlich lächerlich zu machen. Es geht hierbei noch nicht einmal darum, dass die armen Hirnakrobaten und Couchsportler etwa für ihr „Nichtkönnen“ verteufelt werden sollen. Es ist einfach so, dass man sich fragen muss: Wer oder was kann aus einem Marcello Pletsch, trotz gleicher Fußpräferenz, einen Roberto Carlos machen? Wer macht aus einem Carsten Jancker einen Ronaldo?
Lothar Matthäus?
Gott?

Unser Lothar schien es sich zuzutrauen und genau das ist es, was ihn letztlich auszeichnet: Lothar traut sich alles zu! Er übernimmt Vereinsmannschaften, schließt sich daraufhin einem nationalen Verband an, um diesen zu einem internationalen Turnier zu führen, gleichzeitig trainiert er eine Mannschaft von Bewegungslegasthenikern, nur, um sich wenige Wochen später vollkommen davon zu distanzieren, dass er eine bestimmte Bundesligamannschaft trainieren möchte; oder eben auch nicht.

Es ist typisch für Matthäus, dass er sich eben in keine Schublade drängen lässt, er hält sich jedwede Option offen. Man mag ihn mögen oder auch nicht, aber man kann ihm sicher nicht vorwerfen, dass er feige wäre. Dieser Mann hat schon immer genau das gemacht, was er für das Beste hielt. Ihn kümmerte wenig, ob das "Dem deutschen Volke" gefiel. Matthäus macht, was ihm gefällt. Natürlich legt er sich dabei mit diversen Offiziellen, ehemaligen Spielerkollegen, Bundestrainern oder wem auch immer an. Es interessiert ihn nicht. Ecken und Kanten, selbstdarstellerisch geordnet zu einem "Kunstwerk" namens
Lothar Matthäus. Ein deutscher Fußballstar. Wisster bescheid. . .

Sebastian Derix, www.fussballperspektiven.de