Sonntag, 24. Juni 2007

Derby Star

„Wir woll'n keine Zürcher Schweine!“

Fans des Grasshopper Club Zürich beim Derby gegen den FC Zürich.



Besonders interessant für Fans, Medien und Spieler sind diejenigen Spiele, die gegen einen sehr engen Nachbarn ausgetragen werden. Man spricht hierbei von einem Derby.

Doch was genau versteht man unter einem Derby? Der Duden schreibt dazu nichts was in unserem Fall weiterhelfen würde. Befragt man jedoch die allseits beliebte Internet Enzyklopädie „Wikipedia“, so findet man dort folgendes:

„Derby: Man spricht von einem Derby (häufig in Form von Lokalderby), wenn zwei stark rivalisierende Vereine einer Region im Mannschaftssport aufeinander treffen. Derbys haben für viele Fans eine hohe Bedeutung, da es hier beispielsweise um die Vorherrschaft in einem Bezirk oder einer Stadt geht. Das legendärste Beispiel in Deutschland ist das Revierderby zwischen Borussia Dortmund und Schalke 04, die sich seit Jahrzehnten um den Rang der besten Fußballmannschaft des Ruhrgebietes streiten. Das Stadtderby in Buenos Aires zwischen den Boca Juniors und River Plate wird als El Superclásico, der Super-Klassiker, bezeichnet. Zusätzliche Aspekte können ideologische Unterschiede sein, beispielsweise im Old Firm, dem Fußball-Derby zwischen dem katholischen Celtic Glasgow und den protestantischen Glasgow Rangers.“

Da Deutschlands Revierderby schon allzu oft Thema für diverse Betrachtungen war, sei das Augenmerk auf Argentinien gerichtet.

Das größte Spiel im ganzen Land zwischen den beiden Hauptstadtclubs elektrisiert die Massen. Beide Clubs sind die erfolgreichsten ihres Landes. Sie kommen ursprünglich aus dem gleichen Ortsteil von Buenos Aires. Hier, in La Boca, wurde zunächst 1901 der „Club Atletico River Plate“ gegründet, wenige Jahre später, 1905, dann der „Club Atletico Boca Juniors“. Im Jahre 1907 soll ein Entscheidungsspiel um die Vereinsfarben stattgefunden haben, welches River Plate gewann und seitdem legitimer „Besitzer“ der Farben Rot und Weiß ist. Die Boca Juniors tragen seit der Zeit die Farben blau und gelb. Neben der üblichen Konkurrenz zweier Clubs, deren Stadien heute nur ca. 7 km voneinander entfernt liegen, liegt einer der Gründe in der Abwanderung von River Plate in den 1930er Jahren in das Reichenviertel Nuñez. Von da an war das Stadtderby auch eines der unterschiedlichen Gesellschaftsschichten.

Die Boca Juniors wurden fortan das „Team des einfachen Volkes“, während River Plate „die Millionäre“ wurden. Hieraus resultiert natürlich auch der ganz besondere Reiz dieses Konkurrenzkampfes.

Für die Boca Fans sind ihre Gegner nur die „Gallinas“ (Hühner), weil sie glauben, diese hätten Angst vor allem und jedem. Im Gegenzug müssen sich die Bocas als „Puercos“, Schweine, beschimpfen lassen, da ihr Stadion in einem Armenviertel steht und angeblich immer etwas streng riecht …

Sportlich gesehen triumphierten bisher öfter die Boca Juniors.

Die Spiele der beiden Mannschaften sind ein wahres Fest an Farben, Fahnen, Gesang und Gebrüll. Fans dichten aktuelle argentinische Hits um, singen und brüllen um die Wette, Feuerwerkskörper in ungezähltem Ausmaß werden gezündet.

Dieses Spiel muss ein Erlebnis sein, dass es sonst nur äußerst selten gibt.

Die britische Zeitung „The Observer“ listete im Jahre 2004 „50 sporting things you must do before you die“.

Hierbei wurde dieses Derby an allererste Stelle gesetzt. Dies sagt wohl alles aus.

Dass es bei einem solchen Spiel vermehrt zu heftigen Auseinandersetzungen kam und kommt ist ebenso wenig verwunderlich, wie schön. So soll z.B. nach einem der Spiele ein Fan einen Mordauftrag für gegnerische Anhänger gegeben haben. Auch starben bei einem Spiel (1968) 73 Fans, 150 wurden verletzt, als ein Ausgang abgeschlossen war, durch den unaufhörlich Menschenmassen strömen wollten.

Neben diesem großen Derby sind River Plate und vor allem auch Boca die Erzfeinde des nahe gelegenen Clubs CA Independiente aus der Stadt Avellaneda, dem dritt-erfolgreichsten Club in Argentinien.

Diese Rivalität reicht soweit, dass vor nicht allzu langer Zeit, in der Hinrunde der abgelaufenen Bundesligasaison, die Konkurrenz gar wunderliche Blüten trieb. Beim Spiel der Gladbacher Borussia beim VfB Stuttgart, hielt die Stuttgarter Ultra Fangruppe des „Commando Cannstatt 97“, ein Spruchband hoch, auf dem folgendes geschrieben stand:

„In$ua traidor, el rojo no perdona“.

Die Übersetzung lautet in etwa so: „Insua, du Verräter – Die Roten vergeben nie.“. Eine Erklärung zu diesem - für den „Normalfan“ - unverständlichen Spruchband findet man auf der Homepage der VfB Ultras.

Hier steht geschrieben:

Es gab „… noch eine „nette“ Begrüßung für den Gladbacher Spieler Insua. Bis Herbst 2005 spielte Federico Insua bei Independiente in Argentinien und war bei dem nur „die Roten“ genannten Verein ein absolutes Idol. Er sagte in einem Interview, dass er in Argentinien NIEMALS für einen anderen Verein spielen würde als für CA Independiente. Zwei Tage später unterschrieb er beim Erzfeind Boca Juniors... Dies brachte die Fans der „Rojo“ gewaltig auf die Palme. Wer die fanatischen Fans in Argentinien kennt kann sich vorstellen, wie diese reagiert haben[...]
Im Sommer wurde der „Verräter“ nun an Gladbach verkauft. Übrigens gegen seinen Willen. Zwischen einigen Leuten des CC und der Barra Brava von Independiente bestehen freundschaftliche Kontakte und die Jungs aus Avellaneda hatten angefragt, ob wir ein Spruchband gegen Insua machen könnten, was wir natürlich gerne taten. Schließlich haben wir selbst genügend Erfahrung mit Söldnern gemacht[…]. Übersetzt heißt der Text des Spruchbands: „Insua, du Verräter – Die Roten vergeben nie“.“

Man sieht, die Rivalität macht nicht vor Grenzen halt. Ein Derby zeigt die Lebenseinstellung eines Fans. Man kann immer nur einen Verein lieben, muss den anderen zwangsläufig „hassen“.

Dass es dabei zu Gewalt kommt, sollte dennoch nicht sein.

Besieht man sich, was inzwischen alles als Derby gilt, so sei ein Blick in DIE Fußballbibel überhaupt geworfen. „Fußball unser“ schreibt zum Thema: „Derbys, die den Namen nicht verdienen“ z.B. dass das „Mittelmeer-Derby“ Olympique Marseille vs. OGC Nizza mit einer Entfernung von 156 km immer noch als ein solches gesehen wird. In Deutschland ist das „Bayern-Derby“ zwischen dem FC Bayern München und dem 1. FC Nürnberg mit 189 km Entfernung vertreten. Selbst für russische Verhältnisse ist beim Derby zwischen Baltika Kaliningrad und Zenit St. Petersburg der Gegner mit 964 km nicht gerade „um die Ecke“ zu finden. Dem sprichwörtlichen Fass der Derbyentfernungen schlägt jedoch das australische Derby zwischen Perth Glory und Adelaide City Force den Boden aus.

Die Entfernung hier liegt bei schlappen 2735 km.

Was ist das alles im Vergleich zu den 7 km die die Stadien der beiden argentinischen Protagonisten auseinander liegen? Nichts. Und dennoch ist auch hier mit Sicherheit der Derby-Charakter gegeben. Nachbarn, Gegner, Rivalen. Derbys sind Feste des Fußballs, Feste der Fans und immer etwas ganz besonderes. Droht auch das Phrasenschwein, so muss man doch feststellen, dass ein Derby immer etwas ganz besonderes ist. Dieses Spiel DARF keiner verlieren.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

got to say, im absolutely gutted. Currently running a little spread bet which included Rangers doing this quadruple the blue half of Glasgow have been talking about. Looks like the value of my £10 initial bet will have diminished significantly after last nights performance....