Dienstag, 29. Mai 2007

Eine Milliarde

Eine Milliarde für den Fußball

Es war in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, als sich die indische Fußballnationalmannschaft regelmäßig in die Siegerlisten der asiatischen Turniere eintragen durfte. Sogar bis zur Weltmeisterschaft in Brasilien hätte man es fast geschafft, wäre da nicht das Problem mit den Schuhen gewesen.

In Indien spielte man seinerzeit noch ohne selbige, was den hohen Herren der FIFA missfiel. Daraufhin lud man die indischen Kicker wieder aus.

Dass dies vielleicht nicht die weiseste Entscheidung gewesen ist, zeigte sich bei den Olympischen Spielen 1956 in Melbourne. Hier schafften es die Fußballer vom indischen Subkontinent immerhin bis ins Halbfinale, selbstverständlich ohne Schuhe.

Doch diese Erfolge scheinen lange her, Vergangenheit. Wie sieht es mit der Entwicklung des Fußballs im zweit-bevölkerungsreichsten Staat der Erde aus?

Das „menschliche“ Potential muss definitiv da sein bei einer Bevölkerungszahl von über einer Milliarde! Jedoch, denkt man an Indien, kommt einem nicht gleich Fußball in den Sinn. Eigentlich kommt einem kaum eine Sportart in den Sinn, in der Indien zur Weltklasse gehört.

Doch, eine Milliarde Menschen können nicht nur unsportlich sein.

Eine Milliarde Menschen können auch nicht resistent gegen den Massenvirus Fußball sein.

Und doch, andere Sportarten, vor allem Cricket und Hockey, haben dem Spiel mit dem runden Leder den Rang abgelaufen. Zumindest hat das, betrachtet man das mediale Interesse bzw. die mediale Präsenz, den Anschein.

Doch, woher kommt dieser Anschein?

Chris Punnakkattu Daniel, Chefredakteur des führenden Fußballportals IndianFootball.com, berichtet folgendes: „Die indische Cricket Nationalmannschaft konnte in der Vergangenheit große Erfolge verzeichnen (Weltmeister, Asienmeister, etc.).

Dadurch konnte man das Interesse der Medien und zahlreicher Unternehmen auf Cricket fokussieren und die Früchte ernten.

Millionenschwere Sponsorenverträge, Dauerberichterstattungen in Funk und Fernsehen, seitenweise Artikel und Reportagen in Printmedien, etc.

Diese Entwicklung hat [auch] allen anderen Sportarten in Indien geschadet! Egal ob Fußball, Tennis, Hockey […], keine dieser Sportarten konnte dagegen ankämpfen und der Entwicklung der einseitigen Berichterstattung in den Medien und dem einseitigen Interesse von potenziellen Sponsoren Paroli bieten!“

Dies führt nun dazu, dass man, vor allem in Europa, geneigt ist zu denken, der Fußball habe in Indien keinen besonders hohen Stellenwert.

Das ist selbstverständlich in Wirklichkeit nicht so. Glaub man Chris Punnakkattu Daniel, so wird „Fußball überall im Land gespielt.“

Selbst in den Slums, den Vorstädten der Metropolen wird gekickt. Es gibt dort, unter den Ärmsten der Armen, sogar vereinzelt Mannschaften, die von Hilfsorganisationen unterstützt werden. Unter, man mag es sich selbst nicht vorstellen, dramatischen Umständen erkennen Kinder und Jugendliche ihre Liebe für den Sport, der uns allen so am Herzen liegt. Sie spielen, sie rennen hinter der Lederkugel her, sie vergessen ihre Armut. Aus dieser ersten Liebe erwächst irgendwann vielleicht eine Chance.

Der Fußball ist für einige, zugegeben wenige, besonders arme Inder eine Möglichkeit aus der Armut zu fliehen. Ähnlich wie in anderen unterprivilegierten Staaten verdient der professionelle Fußballer, im Vergleich zur Masse der Bevölkerung, einen immens höheren Lohn. Dieser lockt gar ausländische Profis in das Land entlang des Ganges.

Allerdings fördern Eltern ihre Kinder nicht gerade. Sport steht bei weitem nicht an erster Stelle. Eine „ordentliche Ausbildung“ wird vorgezogen. Sport wird nicht als eine Chance angesehen, dem Elend zu entfliehen, auch wenn es in der Tat so ist.

Dies ist ein Problem, welches die Nachwuchsförderung nicht gerade einfacher macht.

Chris Punnakkattu Daniel meint dazu: „Aus diesem Grund gibt es in allen Sportarten Probleme genug Nachwuchs zu gewinnen bzw. das mögliche Maximum an Talenten an Land zu ziehen und zu fördern! Dies ist auch eine Erklärung dafür, warum Indien nicht als Sportnation gilt bzw. in Erscheinung tritt!“

Profis in Indien verdienen, im Vergleich zur Otto-Normal-Bevölkerung sehr gut. Eben deshalb ist es umso unverständlicher, dass die Jugend, vor allem von ihren Eltern, so wenig gefördert wird.

Man scheint dies inzwischen nun auch im Lande selber erkannt haben.

Chris Punnakkattu Daniel, ehemals ehrenamtlicher Berater des indischen Nationaltrainers, zeitweiliger Teammanager der indischen U17 Nationalmannschaft und, mit seinen Kollegen von IndianFootball.com, Informationsquelle für und über den indischen Fußball, sagt: „Ein Umdenkprozess ist im Gange und viele berühmte indische Sportler setzen sich für die Nachwuchs- und Überzeugungsarbeit ein!“

Gibt es auch kein wirkliches Scouting System, welches die jungen Talente in ihrer unwirklichen Umgebung aufspürt, so schaffen es doch immer wieder junge Spieler, oft gefördert durch z.B. die India Youth Soccer Association (IYSA), ihren Weg zu machen und ehemals unbedeutende Straßenkicker verdienen ihren Lebensunterhalt in einer der drei Profiligen. Aufgrund der weitestgehend fehlenden Scouts arbeitet Chris Punnakkattu Daniel inzwischen mit seinem Kollegen Arunava Chaudhuri daran, in Europa indischstämmige Spieler für die heimatlichen Auswahlmannschaften zu begeistern.

Die Funktionäre und Förderer scheinen die Hoffnung also noch nicht ganz aufgegeben zu haben, in absehbarer Zeit mal wieder erfolgreicher an einem internationalen Turnier teilnehmen zu können.

Verwunderlich wäre es nicht, haben es doch so manche Spieler aus bitterster Armut, aufgewachsen in großen Blechbüchsen, geschafft, einen Profivertrag zu ergattern. Der Kapitän der indischen Nationalmannschaft schaffte es eine Zeit lang in Europa einen Vertrag zu ergattern. Baichung Bhutia, ein ausgezeichneter Techniker, spielte für drei Jahre beim englischen Drittligisten Bury FC, musste dann aber doch der sehr körperlichen Spielweise auf der Insel Tribut zollen. Dennoch, so hofft Chris Punnakkattu Daniel, werden einige indische Spieler in Zukunft den Sprung nach Europa schaffen, um dort für den gesamten indischen Fußball in die Lehre zu gehen, die Aufmerksamkeit auf den indischen Fußball lenken zu können und endlich mehr Sponsoren für den Fußball in Indien begeistern zu können.

In diesem Land der Extreme ist es natürlich vollkommen unabdingbar, dass es Menschen gibt, die sich professionell mit dem Fußball auseinandersetzen. Viele Funktionäre sind aber gleichzeitig in hohen politischen Positionen. Das nützt selbstverständlich bei der Einflussnahme, bedeutender für die Entwicklung wäre aber, dass wichtige Positionen mit echten Fachleuten besetzt werden. Eine Nationalmannschaft, die nur zwei Spiele im Jahr absolviert, kann sich beim besten Willen nicht wirklich weiter entwickeln.

Das Marketing und die Organisation müssen dringend verbessert werden, damit Chris Punnakkattu Daniels Traum, den er schon 2004 in einem Interview mit dem footage-magazin äußerte, in Erfüllung geht: „Wir können, realistisch gesehen, auf eine Teilnahme bei der WM 2010 in Südafrika hoffen. Es gibt immer wieder Überraschungsmannschaften, die den Sprung in das Hauptfeld schaffen. Um das Ziel 2010 zu schaffen, muss kontinuierlich gearbeitet werden und der positive Trend der letzten Jahre fortgesetzt werden.“

P.S.: Inzwischen musste Chris seine Prognose etwas korrigieren und sieht die WM 2018 als realistisch an. Aber, man weiß ja nie …

Samstag, 26. Mai 2007

(Ausver-)Kaufhaus des Ostens

(Ausver-)Kaufhaus des Ostens

Die Saison ist beendet, der Meister steht fest. Ein einziges wichtiges Spiel muss noch absolviert werden. Allerdings auch nicht von allen. Im Pokalendspiel stehen sich am Samstag in Berlin lediglich der 1. FC Nürnberg und der frisch gebackene deutsche Meister VfB Stuttgart gegenüber. Für alle anderen Mannschaften besteht die derzeitige Aufgabe (lediglich) in der Planung der kommenden Spielzeit und der Zusammenstellung der zukünftigen Mannschaft.

Einer der Clubs, die im Augenblick keinen laufenden Spielbetrieb ihres ersten Teams zu verzeichnen haben, ist der FC Energie Cottbus. Die vergangene Saison wurde auf einem sicheren 13. Tabellenplatz beendet, der Klassenerhalt stand frühzeitig fest. Mit einer Mannschaft ohne große Stars, wurde eine der besten Spielzeiten des Vereins überhaupt gespielt. Grundstein für das erfolgreiche Arbeiten war sicher die viel zitierte „mannschaftliche Geschlossenheit“.
Ein anderer war Sergiu Radu. Wie aus dem Nichts trat der Rumäne auf die Bühne der Bundesliga. Nach 12 Toren in der vorangegangenen Aufstiegssaison, schaffte er in seinem ersten Jahr in der höchsten deutschen Spielklasse sogar 14 Tore, bei nicht minder beeindruckenden sechs Assists. Klar, dass ein solches Ergebnis Begehrlichkeiten bei anderen Clubs weckt. Doch Radu, ausgerüstet mit einem Vertrag bis 2008, sollte sicher auch in der kommenden Saison eine große Rolle in den Planungen von Trainer Petrik Sander spielen.
Ähnlich ist es bei seinem Nationalmannschaftskollegen Vlad Munteanu. Erst in dieser Spielzeit von Dinamo Bukarest gekommen, schaffte er den Sprung in die Stammelf sofort. Er verpasste lediglich ein Spiel der Saison durch eine Gelb-Sperre und schoss grandiose elf Tore, bei sieben Assists. Für einen Mittelfeldspieler geradezu eine Traum-Ausbeute. Auch er besaß noch einen Vertrag bis ins Jahr 2008, bei einer gewissen Anzahl an Spielen hätte der FC Energie eine Option auf ein weiteres Jahr gehabt.
Als nächstes sei der Blick auf den Kapitän der Mannschaft gerichtet. Kevin McKenna war, in seiner insgesamt fünften Saison für die Cottbusser, als Spielführer auch eine der Stützen des Clubs und damit auch eine wichtige Strebe im Gerüst der Mannschaft. Der Anglo-Kanadier spielte schon von 1998 bis 2001 bei Energie Cottbus, bevor er sein Glück im Anschluss bei den Heart of Midlothian auf der Insel versuchte. Nachdem er im Jahre 2005 seinen Stammplatz dort verloren hatte, kehrte er zu den Lausitzern zurück und war in seiner ersten Saison in jedem Spiel dabei, schaffte zehn Treffer und wurde zum Mannschaftskapitän und Publikumsliebling.
Alles in allem waren diese drei Spieler mit die wichtigsten im ganzen Verein. Die Achse McKenna-Munteanu-Radu war in der abgelaufenen Saison das, was ein jeder Verein braucht, um sich, bei beschränkten finanziellen Möglichkeiten, in der höchsten deutschen Spielklasse zu halten.
Und genau diese Achse bricht jetzt weg. McKenna verlässt den FC Energie per Ausstiegsklausel in die zweite Liga, in Richtung Köln. Die Rumänen-Fraktion schließt sich mit sofortiger Wirkung dem VfL Wolfburg an. Es zieht sie in eine der „schönsten“ Städte Deutschlands, zu einem Verein mit den best bezahlten Fans der Liga, einem Club, bei dem in letzter Zeit so einiges im Argen lag, dessen sportliche Führung den ein oder anderen Dorn im Auge hatte.
Die Frage nach dem Warum darf durchaus gestellt werden.
Waren die Verantwortlichen in Cottbus nicht in der Lage, den Spielern deutlich zu machen, was sie an ihrem Verein haben? Gab es nicht die Möglichkeit, ihnen zu verdeutlichen, dass sie, wenn sie auch weniger verdienen würden, die nahezu uneingeschränkten „Stars“ in ihrem aktuellen Team wären?
War es nicht möglich, mit einem gewissen finanziellen Risiko, die Spieler mit einer Aufstockung ihrer Gehälter zum Bleiben zu bewegen?
Entweder konnte oder wollte man es nicht. Der Verein sagt, man hätte mit dem finanziellen Paket von Wolfsburg nicht konkurrieren können. Dennoch muss man sehen, dass den drei prominenten Abgängen, derzeit nur Neuzugänge von fragwürdiger Qualität gegenüber stehen.
Verpflichtet wurden ein 21-jähriger Verteidiger, sowie zwei 20-jährige Talente für das Mittelfeld. Aber können diese beiden eine Achse von gestandenen, erfolgreichen Spielern ersetzen?
Natürlich ist bis zum Ende der Transferperiode noch ganze Menge Zeit, aber es bleibt abzuwarten, ob der FC Energie Cottbus mit seiner sportlichen Leitung es schafft, eine solch schlagkräftige Truppe zu schaffen, die diese immensen Verluste ausgleichen kann. Man mag es dem Verein wünschen, hängt doch in der Lausitz so einiges an dem Verein, nämlich bei Weitem mehr Leidenschaft, als bei einem Retorten-Club wie dem VW Wolfsburg. Vielleicht erkennen das auch irgendwann die Kollegen Munteanu und Radu…reumütig…




Sebastian Derix für www.footage-magazin.de

Freitag, 18. Mai 2007

Vom Double in die Vergessenheit?

Vom Double in die Vergessenheit?

Als Timo Hildebrand den Entschluss fasste, fortan nicht weiter für den VfB Stuttgart spielen zu wollen, schien ihm das sicher eine gute Idee zu sein. Stuttgart war noch weit ab von allen derzeitigen Meister- oder gar Doubleträumen und bewegte sich im sicheren Mittelfeld.

Nachdem er schon einmal lange gepokert hatte und dann doch, man munkelt wegen mangelnder Angebote, beim VfB blieb, scheint es nun, als habe Hildebrand erneut ein kleines Problem mit der Vereinssuche.

Angeblich ist sein Vertrag mit dem spanischen Top-Club und Champions League Aspiranten FC Valencia längst in trockenen Tüchern. Hildebrand selbst sagt dazu: „Mit dem neuen Verein kann nichts mehr schief gehen.“

Doch nun tauchen Gerüchte auf, wonach Valencia mit seinem derzeitigen Torhüter, dem ehemaligen Nationaltorhüter Spaniens, Santiago Canizares, noch eine weitere Saison plant. Aufgrund der derzeitigen großartigen Leistungen sicher kein Wunder, aber dennoch blöd für die deutsche Nummer 2.

Laut der spanischen Zeitung „Marca“ und einem lokalen Radio Sender, welcher auf den schönen Namen „Cadena Ser“ hört, soll Hildebrand nun zunächst für ein Jahr verliehen werden, um dann erst ab der übernächsten Saison für die Spanier das Tor zu hüten.

Infolge dessen darf man sich wohl fragen, welcher Verein es sich leisten kann und will, einen solchen Torwart lediglich für eine Saison auszuleihen. Die sportliche Perspektive scheint nicht besonders gut zu sein.

Dumm gelaufen für einen ambitionierten Torhüter wie Hildebrand, der in Stuttgart inzwischen die Teilnahme an der Champions League sicher hätte und, mit entsprechenden Verstärkungen versehen, mit diesem Team in Europa durchaus eine Rolle spielen könnte.

Es steht zu befürchten, dass sich Hildebrand in der kommenden Saison in den Niederungen, im besseren Fall im Mittelfeld, des spanischen Profifußballs wieder finden wird.

Nun mag der geneigte Fan fragen, was dagegen spräche, den Torhüter für eine Saison an Stuttgart zu verleihen.

Ganz einfach: ein Schäfer spricht dagegen.

Nachdem der Abgang Hildebrands sicher war, kümmerte sich Stuttgarts emsiger Manager Horst Held, seines Zeichens noch sehr neu im Geschäft, aber mit einem durchaus „glücklichen Händchen“ versehen, um die Nachfolge des scheidenden Nationaltorhüters. Und er sicherte sich und dem VfB sehr bald die Dienste des „noch Nürnbergers“ Rafael Schäfer, welcher auch schon des Öfteren am Dunstkreis der Nationalmannschaft geschnuppert hat und zu den Top-Schnappern der deutschen Liga gehört.

Diesen kann und will der VfB nun nicht ins zweite Glied zurück versetzen, so dass für Hildebrand die Tür zur europäischen Spitzenliga, zumindest mit dem Team, welches mit seiner Hilfe gerade auf dem Weg ist, die beiden wichtigsten deutschen Titel ab zu räumen, verschlossen ist.

Man darf gespannt sein, wohin der Weg eines der größten deutschen Torwarttalente führt.

Gönnen mag man ihm sicher die Spitzenklasse. Dennoch scheint im Augenblick so einiges ungewiss.

Wollen wir nicht hoffen, dass sich Timo Hildebrand ein weiteres Mal verzockt hat…



Sebastian Derix für www.footage-magazin.de

Freitag, 11. Mai 2007

Fight Club

Fight Club

Wir schreiben den 6. Mai 2007. Ein wunderbarer Tag zum Fußball spielen ist dieser Sonntag, an dem die letzten beiden Spiele des 32. Spieltages der diesjährigen Saison stattfinden. Die Hertha aus Berlin spielt im heimischen Olympiastadion um die wahrscheinlich allerletzte Chance auf das internationale Geschäft, der Gast, Werder Bremen, will weiterhin im Meisterschaftskampf zugegen bleiben.

Schnell steht es 1:0 für die Bremer. Berlin scheint in argen Nöten zu sein.

Dann kommt die 36. Spielminute. Eine Minute, in der sich der Bremer Verteidiger Christian Schulz die Gesichtsmaske des Berliner Torwartes Fiedler gewünscht haben dürfte. Nichts ahnend geht er in einen Zweikampf, mitten in der Berliner Spielhälfte. Doch genau dort kommt er angerauscht. Das rechte Bein hoch in der Berliner Luft, trifft Herthas Innenverteidiger Josip Simunic den Bremer mitten im Gesicht. Eine klaffende Platzwunde, nahe des Auges, ist die Folge. Schulz muss ausgewechselt und ins Krankenhaus gebracht werden. Zum Glück ist, außer ein paar, inzwischen genähten, Risswunden am Kopf des Bremers, nicht viel passiert.

Und doch muss man sich fragen: Was reitet einen erfahrenen Spieler wie Simunic, so in einen Zweikampf zu gehen?

Er behauptet, den Gegner nicht gesehen zu haben.

Umso fragwürdiger ist es, ob ein solcher Einsatz nötig ist.

Nun, man könnte sagen, dass es sich um einen Vorfall handelt, der schon mal passieren kann, der bedauerlich ist, in einer körperbetonten Sportart wie Fußball aber immer mal wieder vorkommt.

Doch, gerade im Falle Simunic, muss man dies fast zwangsläufig zumindest hinterfragen.

Ein Spieler, der einst als bester Verteidiger der Liga geadelt wurde, hat es, durch seinen dritten Platzverweis in den letzten fünf Heimspielen der Hertha, inzwischen auf Platz 13 der „ewigen Bestenliste“ der Spieler mit den meisten roten Karten gebracht und ist mit seinen inzwischen fünf, dem Führenden der Rangliste der Bundesliga, einem gewissen Jens Nowotny mit 8 roten Karten zwischen 1995 und 2004, mächtig auf den Fersen.

Verliert Simunic die Nerven? War es einfach zu heiß auf dem Platz?

Freilich ist die Berliner Hertha eine der schwächsten Mannschaften der Rückrunde, erst vor kurzem wurde der Trainer ausgetauscht. Die Situation ist wirklich zum „Haare raufen“.

Doch, kann man nicht von einem vielfachen Nationalspieler und WM-Teilnehmer (man bedenke die dreifache gelbe Karte in Stuttgart, Graham Poll sei´s gedankt), erwarten, dass er sich einigermaßen im Zaum hält? Muss nicht ein Spieler, der inzwischen bemerkt haben dürfte, was erlaubt und was es eben nicht ist, sich in soweit zurück nehmen, dass es ihm nicht passiert, mit seinem Fuß in das Gesicht des Gegners zu gelangen?

Ich will einen Menschen, der sich selbst als „stets korrekt, herzlich und nett bezeichnet“ nicht an den Pranger stellen, schließlich hat er sich inzwischen bei seinem Gegenspieler entschuldigt.

Dennoch muss die Frage erlaubt sein, ob Simunic sich eigentlich Gedanken über seine Platzverweise macht. Die Hertha wird es wohl tun. Immerhin fehlt der Verteidiger nun für den Rest der Saison und noch darüber hinaus. Es wird nicht im Abstiegskampf enden, doch hat „Joe“ mit diesem erneuten Platzverweis seinen Mannschaftskollegen einen Bärendienst erwiesen. Das internationale Geschäft kann man in Berlin, zumindest für diese Saison, wohl dennoch zu den Akten legen.

Bleibt zu hoffen, dass irgend jemand den Klimawandel stoppt und dass es Ende August dieses Jahres, wenn es daran geht, den dritten Spieltag der kommenden Saison in Angriff zu nehmen, nicht ganz so heiß ist, zumindest in Josip Simunics Kopf …




Sebastian Derix für www.footage-magazin.de

Per Anhalter durch die Galaxis

Per Anhalter durch die Galaxis

Schon der Autor des großartigen Werkes „Per Anhalter durch die Galaxis“, Douglas Adams, wusste, dass die „42“ die Antwort auf die Fragen aller Fragen ist. Was denn die Frage aller Fragen ist, beantwortete er in seinem ersten Band nicht.

Klaus Augenthaler, seines Zeichens Trainer beim abstiegsbedrohten VfL Wolfsburg, muss ein großer Fan dieses Buches sein. Ein so großer sogar, dass er die Bedeutung der „42“ noch einmal klar stellen wollte.

„42“ war nämliche genau die Anzahl an Sekunden, die er heute während der Pressekonferenz der Wolfsburger auf dem Podium verbrachte.

Nicht, dass dies nicht schon ungewöhnlich genug wäre, er nahm den Journalisten auch noch gleich die Mühe ab, ihre Fragen zu stellen.

Ganz im Stile Adams´ gab er Antworten, ohne eigentlich zu wissen, was die Frage gewesen wäre.

Aber, Augenthaler ist ein Fuchs. Er, immerhin Weltmeister von 1990, stellte sich bzw. den Pressemitarbeitern, um die Verwirrung nicht zu groß werden zu lassen, die Fragen einfach selbst. 4 Fragen stellte er sich, beantwortete sie, jedoch keine 2 mal.

So war es denn wohl auch eine der ungewöhnlichsten Pressekonferenzen bisher und wird es auch bleiben, bis die Erde endgültig durch die Vogonen zerstört wird, um einer interstellaren Teststrecke des Volkswagen Konzerns Platz zu machen.

Der, der noch im „Anhalter“ Arthur Dent hieß und sich dort staunend den Werken seines Co-Helden ergab, ist im vorliegenden Fall wohl Manager Klaus Fuchs. Überrumpelt von der plötzlichen Liebe seines Chefcoachs zur Literatur, blieb ihm wahrscheinlich zunächst der Mund offen stehen, ähnlich wie einem Großteil der versammelten Weltpresse. Dabei waren sie doch eigentlich gekommen, um sein Haus ein zu reißen. Mit Schreibblöcken und Mikrofonen wie Bulldozern standen sie vor ihm und warteten, dass er sich vor ihnen in den Matsch würfe, um um Vergebung zu winseln.

Doch, der Griesgram Augenthaler hat es allen gezeigt. Er kanzelt die ihn hetzende Meute sang- und klanglos ab. Eine spektakuläre Aktion, ohne Zweifel bisher einzigartig.

Doch, hat er sich damit wirklich einen Gefallen getan?

Gewinnt Wolfsburg am Wochenende, ist alles gut, hat er alles richtig gemacht.

Geht der Verein für Leidgeplagte jedoch auch an diesem Wochenende vor die Hunde, wird sich eine Hatz anschließen, die nicht eher endet, bis dem Leitwolf das Fell über die Ohren gezogen wurde.

Man darf also gespannt sein, ob das Kapitel Augenthaler in Wolfsburg eine ebenso erfolgreiche Fortsetzung erfährt, wie Adams´ „Anhalter“.

Hoffen wir, dass der gute Klaus sich ein paar Tüten Erdnüsse gesichert hat, denn wer noch niemals Stoffumwandlungsstrahlen ab bekommen hat braucht sie, um den Kater danach auszugleichen…


Sebastian Derix für www.footage-magazin.de