Freitag, 6. April 2007

Eine Karriere mit Hindernissen

Eine Karriere mit Hindernissen

Wir schrieben die Tour de France 1996. Bjarne Rijs warf während des Zeitfahrens seine Maschine in hohem Bogen in den Straßengraben. Sein junger Teamkollege, Jan Ullrich sein Name, gewann, wurde Tour-Zweiter und startete seine atemberaubende Karriere. Er löste einen wahren Radsport Boom in Deutschland aus.
Ein Jahr später gewann er sogar als erster Deutscher überhaupt dieses schwerste Radrennen der Welt.
Ein neuer Stern am deutschen Sportlerhimmel war aufgegangen. Was folgte, war eine Karriere, wie man sie hätte nicht besser erfinden können. Sollte jemand einmal auf die Idee kommen, einen Roman in der Radfahrerszene zu verankern, er könnte sich an dieser Laufbahn orientieren.
Der steile Aufstieg, dann, im Zuge der ersten schwereren Verletzung, der Absturz. Ullrich parkte seinen Porsche in einem Fahrradständer, bemerkte den Fehler und machte sich von dannen. Dass dies nicht ganz den Verkehrsregeln entsprach, war ihm wohl entfallen. Nach einer durchzechten Disconacht, wurde ihm der Missbrauch von XTC-Pillen nachgewiesen. Ein Versehen, wie er immer wieder betonte.

Gut, ein junger Sportler kann durchaus einmal an die falschen Typen geraten, vor allem, wenn es ihm gerade richtig dreckig geht.
Doch aus diesem Tief zog er sich quasi an den eigenen Haarproben wieder heraus.
Ullrich schuftete für sein Comeback, musste noch das ein oder andere Problemchen sein zukünftiges Team angehend lösen und war bereit auf die große Bühne zurückzukehren.
Und wie er zurückkam. Inzwischen für das Bianchi Team fahrend, klebte er geradezu an den übermächtigen Hinterreifen des Tourminators Lance Armstrong. Er zeigte gar die Größe auf jenen zu warten, als der es vorzog durch eine schöne gelbe Tasche zu fahren und einen Purzelbaum zu schlagen. Am vorletzten Tag, beim üblichen Zeitfahren, hatte Ullrich sogar die Chance, Armstrong noch einzuholen. Doch, es war kein Ullrich-Wetter. Er liebte es zeit seiner Karriere heiß und sonnig, hier jedoch regnete es in Strömen. Den fallenden Bindfäden passte sich Ullrich an und durchquerte einen Kreisverkehr im Liegen, die Siegchance war dahin. Und dennoch war es am Ende ein Ergebnis, das wohl selbst Ullrich sich vor der Tour nicht zu erträumen gewagt hätte.
Den zweiten Platz in der Tasche wechselte Ullrich zurück zu seinem „Stamm-Team“, inzwischen T-mobile geheißen, um mit einer aufgerüsteten Mannschaft endlich einmal wieder die große Schleife als Sieger zu beenden. Wohlgemerkt, so lange der große Lance noch fuhr.
Es sollte nicht werden. Podiumsplätze schaffte er bei jedem Auftritt, der Sieg war ihm nur einmal vergönnt.
Dann der große Augenblick. Armstrong dankte nach seinem siebten Triumph ab, Ullrich wollte weiterfahren. Er wollte endlich, und sei es ein letztes Mal, die Tour gewinnen.
2006. Die Vorbereitung schien großartig gelaufen, Ullrich fit wie selten zuvor.
Doch es kam der böse 30. Juni 2006. Schon kurz zuvor waren schlimme Gerüchte über einen Dopingskandal, geleitet vom spanischen Arztes Fuentes, aufgekommen. Ullrich und dieverse andere Spitzenfahrer wurden des Betruges beschuldigt. An jenem 30. aber, dem Tag vor Beginn der Tour, wurde u.a. auch Jan Ullrich von seinem Team, in Absprache mit der Tourleitung aus dem Rennen genommen.
Für ihn brach eine Welt zusammen, er sei unschuldig ließ er immer wieder übermitteln, geschockt, er brauche Ruhe.
Der Skandal wurde größer und größer, Ullrich stiller und stiller. Eine DANN Probe wurde zunächst nicht abgegeben, stattdessen gegen die Ermittlungsmethoden der Spanier gewettert.
Es wurde still um Ullrich. Alle, die mit ihm angeklagt und suspendiert worden waren, waren inzwischen wieder aufs Rad und die Straße zurückgekehrt. Nur er musste weiter schmoren.
Dann kam der 26.2. 2007. Pressekonferenz. Ullrich wollte sich äußern.
Er tat es. Er bleibe dem Radsport erhalten, verhaltener Applaus, nur nicht als aktiver Fahrer. Das hat gesessen. Die Karriere ist vorbei. Kurz und bündig.
Er hat dem Druck nicht mehr standgehalten. Er hatte keine Lust mehr, sich der erneuten Qual einer ganzen Saison hinzugeben. Oder, er hatte keine Lust, sich weiter mit den Dopingvorwürfen auseinanderzusetzen.
Natürlich wird die Geschichte bleiben. Natürlich scheint da so einiges im Argen zu sein.
Und dennoch, hat es nicht ein Sportler, der so viel für den deutschen Radsport getan hat, verdient, eine faire Chance zur Erklärung dieser Geschichte zu bekommen?
Hat er gedopt ist er zu bestrafen, meinetwegen auch mit Missachtung. Doch, kommt heraus, dass er nichts Unerlaubtes getan hat, sollte sich so manch einer beim ehemaligen Helden entschuldigen.
Wir werden (hoffentlich) irgendwann erfahren, was dran war am Fall Ullrich, der eine erfolgreiche und doch steinige Karriere beendete.

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