Freitag, 1. Juni 2007

Open this gate!

Open this gate!


Am vergangen Mittwoch fand die turnusgemäße Jahreshauptversammlung der Mönchengladbacher Borussia statt. Da der Verein nach der katastrophalen Saison mit einer noch größeren Zahl anwesender Mitglieder als im letzten Jahr (ca. 2500 Besucher) kalkulierte, wurde die stadioneigene VIP Lounge zu klein und man hatte sich im Vorfeld entschlossen, die Versammlung in der Süd-Kurve des Stadions abzuhalten. Eine, wie sich herausstellen sollte, durchaus gute Lösung. Die Fangnetze waren, entgegen anders lautender Pressemeldungen, schon nach dem letzten Spieltag demontiert worden, man sein ja nicht im Zoo, so das Präsidium.

Ebenjenem sollte es, durfte man der Boulevardpresse und einigen Einträgen in Fan-Foren trauen, auf der Versammlung ordentlich „an den Kragen gehen“, es wurde gar von einer „Abrechnung“ geschrieben. Nun, auf den Inhalt der Versammlung möchte ich hier gar nicht eingehen, dazu mag sich ein jeder Anwesender seine eigene Meinung bilden.

Einen, wenn nicht den bemerkenswerten Auftritt hatte das Borussen Mitglied Helmut E. aus „dem tiefsten Ruhrgebiet“. Im Anschluss an die Berichte aus den einzelnen Abteilungen des Vereins war eine Aussprache zwischen Mitgliedern und Präsidium angesetzt. Hierbei stellten viele Mitglieder mehr oder weniger sachliche Fragen und griffen das Präsidium, sowie vergangene und aktuelle Trainer oder Sportdirektoren an.

Aber Helmut E. wird wohl allen Anwesenden im Gedächtnis bleiben.

Der Versammlungsleiter, der Sprecher des Ehrenrates, Andreas Heinen, sprach im Anschluss an dessen Ausführungen vom „wohl emotionalsten Wortbeitrag“ der ganzen Versammlung. Und so war es wahrscheinlich auch.

Borussen Fan E. kommt aus der Fußball Diaspora Ruhrgebiet. Dies merkte man seiner Rede deutlich an, wie wohl er es auch des Öfteren zu betonen wusste. Er sprach sich seine Emotionen von der Seele, mit Tränen in den Augen freute er sich ob der Anzahl der anwesenden Fans, deren Lachen und Weinen, egal ob sie über ihn oder die Situation weinten oder lachten. Nach einem kurzen Abriss seiner frühesten Fan Jahre, begann sein leidenschaftliches Plädoyer für eine Unterstützung der komplette Vereinsführung. Ob Königs oder Ziege, allen gäben ihr Bestes, rissen sich „auf Deutsch, den Arsch auf“. Er forderte die Versammlung auf, selbstverständlich mit unvergleichlichem „Ruhrpottcharme“, dem Führungsteam den größtmöglichen Rückhalt zu geben. Die Ansprache gipfelte in dem Zitat eines ehemaligen US-Präsidenten, welcher, in einer ebenfalls emotionalen Rede, vom damals sowjetischen Präsidenten Gorbatschow forderte, er möge das Berliner Tor öffnen. „Open this gate!“ warf dieser jenem damals über die Berliner Mauer entgegen. Ganz in dieser Tradition forderte nun Helmut E. den Präsidenten der Borussia auf, er möge die Tür öffnen in eine bessere Zukunft.

Eine große Zahl der anwesenden Fans war begeistert von der Rede, wahrscheinlich weniger vom Inhalt, als von der Performance an sich. Dennoch, diese Ansprache hat Helmut E. inzwischen eine Art „Fan-Base“ geschaffen. Sein Auftritt gilt alt „Kult“.

Sicher wird er von manchen belächelt, aber im Prinzip kann jeder froh sein, einen solchen Auftritt miterlebt zu haben. Dieser Mann lebt Borussia! Dieser Mann ist, was Borussia auch in der „Schweine-Liga“ braucht: treue Fans, die hinter dem Team stehen. Hinter dem Team auf dem Platz und hinter dem Team „dahinter“. Helmut E. ist ein vorbildlicher Fan, so manch ein Nörgler mag sich eine große Scheibe dieses Ruhrpottpoeten abschneiden! Bedingungslose Liebe und Treue zum Verein, das ist es, was seine Ansprache kennzeichnete und was uns allen in der kommenden, wirklich schweren Saison ein großes Stück weiter bringen wird.

P.S.: Obwohl das Filmen während der Veranstaltung ausdrücklich nicht erlaubt war, gibt es den kompletten Redebeitrag von Helmut E. inzwischen bei YouTube zu bewundern.

2 Kommentare:

William hat gesagt…

Ich möchte dazu nur mal anmerken, dass Herr (Sonne statt) Reagan Herrn Gorbatschow keinesfalls das "Berliner Tor" öffnen lassen wollte. Gibt's auch nicht. Es gibt das Brandenburger Tor, aber das war auch nicht abgeschlossen, oder es war es schon, aber nur im übertragenen Sinne. Es war viel mehr die Mauer, die Herr Gorbatschow entfernen (einreißen) sollte: "Mr Gorbatschow, tear down this wall!"
Das nimmt den Charme des Beitrags natürlich nichts. Ich bin mir übrigens nicht sicher, ob in all der Komik, die dem Beitrag innewohnte, seine Botschaft nicht völlig auf der Strecke geblieben ist. Und die war gar nicht mal so verkehrt.

William hat gesagt…

Jetzt habe ich gerade noch mal nachgeschaut ob ich das Zitat nicht falsch im Kopf habe und was sehe ich da: Er hat's doch gesagt. Bzw. er hat beides gesagt.
Ich nehme also alles zurück. Nur den letzten Absatz nicht.