Montag, 30. Juli 2007

Schüsse aus der zweiten Reihe

Schüsse aus der zweiten Reihe

Amerika, das Land in dem sich jeder Waffenbesitzer heimisch fühlen kann. Für Fußballfans jedoch ist dieser Staat noch immer eine Art Diaspora. Auch wenn der große Becks inzwischen sein Feierabendbier im Land der unbegrenzten Möglichkeiten schlürft, wahrscheinlich verdünnt mit einer zuckerfreien, koffeinhaltigen Brause welche von seiner Gattin beworben wird, so ganz große Begeisterung ist in den USA noch nicht anzutreffen. Ganz anders ist dies in einem Land, welches von einem nicht weiter genannten Staatsmann zur Achse des Bösen gezählt wird.

Im Irak, wie in vielen anderen Ländern der Region, ist der Fußball, nach langen Kriegsjahren, wieder auf dem Vormarsch. Und so verwundert es auch nicht, dass die dort ansässige Nationalmannschaft langsam an alte Erfolge anknüpft und sogar den Erfolg zu steigern vermag.

Beim kürzlich vergangenen Asia-Cup, der Europameisterschaft für Asiaten, kamen die Iraker gar ins Finale und brachten dort das „Wunder“ fertig und besiegten die Mannen aus Saudi-Arabien gleich bei ihrer ersten Finalteilnahme.

Man mag sich nun fragen, was an diesem Erfolg so außergewöhnlich und neu ist, schließlich hatte auch keiner mit Griechenland als Europameister gerechnet.

Nun ja, das wirklich dramatische an diesem Erfolg ist die Geschichte, die sich im Hintergrund, nämlich im Irak selbst abgespielt hat.

Schon während des Halbfinales wurden bis zu 50 Fußballfans bei verschiedenen Attentaten getötet, eine Tatsache, die bei den täglichen Anschlägen leider nicht weiter ins Gewicht fallen wird. Zum Finale jedoch gab es dann keine weiteren größeren Anschläge, traurig genug dies vermerken zu müssen.

Und trotzdem wurde das Land, welches schon seit so langer Zeit so arg gebeutelt wird, der große Spaß am Erfolg des eigenen Nationalteams geraubt. Und dies ob der Tatsache, dass bei den Jubelfeiern nach dem Gewinn des Asien-Titels mindestens 7 Menschen ihr Leben lassen mussten.

Traurigerweise wurden sie nicht einmal Opfer heimtückischer Angriffe. Sie feierten eines der schönsten Ereignisse des irakischen Volkes in letzter Zeit und wurden, wie der Amerikaner sagen würde, von „friendly fire“ niedergestreckt.

Aus Jubel über den Titel schossen viele Menschen mit ihren Waffen in die Luft und offensichtlich nicht nur dort hin. Freudenschüsse trafen, aus Versehen, unschuldige Menschen, feiernd. Die Opfer wurden getroffen im Moment größter Freude, unbeabsichtigt. Tragisch, und dennoch zeigt es den Enthusiasmus, mit dem dieses Volk sich feiern kann, mit dem es hinter seinem Team steht, sich für den Fußball begeistern kann. Gefühle pur, die eben auf gefährliche Weise ausgedrückt werden. Für den Europäer nicht zu verstehen, für den ein oder anderen Iraker gefährlich…

Es gibt so vieles, was wir nicht verstehen im Irak. Amerika wird es wohl nicht besser gehen…

Sebastian Derix für www.footage-magazin.de