Samstag, 26. Mai 2007

(Ausver-)Kaufhaus des Ostens

(Ausver-)Kaufhaus des Ostens

Die Saison ist beendet, der Meister steht fest. Ein einziges wichtiges Spiel muss noch absolviert werden. Allerdings auch nicht von allen. Im Pokalendspiel stehen sich am Samstag in Berlin lediglich der 1. FC Nürnberg und der frisch gebackene deutsche Meister VfB Stuttgart gegenüber. Für alle anderen Mannschaften besteht die derzeitige Aufgabe (lediglich) in der Planung der kommenden Spielzeit und der Zusammenstellung der zukünftigen Mannschaft.

Einer der Clubs, die im Augenblick keinen laufenden Spielbetrieb ihres ersten Teams zu verzeichnen haben, ist der FC Energie Cottbus. Die vergangene Saison wurde auf einem sicheren 13. Tabellenplatz beendet, der Klassenerhalt stand frühzeitig fest. Mit einer Mannschaft ohne große Stars, wurde eine der besten Spielzeiten des Vereins überhaupt gespielt. Grundstein für das erfolgreiche Arbeiten war sicher die viel zitierte „mannschaftliche Geschlossenheit“.
Ein anderer war Sergiu Radu. Wie aus dem Nichts trat der Rumäne auf die Bühne der Bundesliga. Nach 12 Toren in der vorangegangenen Aufstiegssaison, schaffte er in seinem ersten Jahr in der höchsten deutschen Spielklasse sogar 14 Tore, bei nicht minder beeindruckenden sechs Assists. Klar, dass ein solches Ergebnis Begehrlichkeiten bei anderen Clubs weckt. Doch Radu, ausgerüstet mit einem Vertrag bis 2008, sollte sicher auch in der kommenden Saison eine große Rolle in den Planungen von Trainer Petrik Sander spielen.
Ähnlich ist es bei seinem Nationalmannschaftskollegen Vlad Munteanu. Erst in dieser Spielzeit von Dinamo Bukarest gekommen, schaffte er den Sprung in die Stammelf sofort. Er verpasste lediglich ein Spiel der Saison durch eine Gelb-Sperre und schoss grandiose elf Tore, bei sieben Assists. Für einen Mittelfeldspieler geradezu eine Traum-Ausbeute. Auch er besaß noch einen Vertrag bis ins Jahr 2008, bei einer gewissen Anzahl an Spielen hätte der FC Energie eine Option auf ein weiteres Jahr gehabt.
Als nächstes sei der Blick auf den Kapitän der Mannschaft gerichtet. Kevin McKenna war, in seiner insgesamt fünften Saison für die Cottbusser, als Spielführer auch eine der Stützen des Clubs und damit auch eine wichtige Strebe im Gerüst der Mannschaft. Der Anglo-Kanadier spielte schon von 1998 bis 2001 bei Energie Cottbus, bevor er sein Glück im Anschluss bei den Heart of Midlothian auf der Insel versuchte. Nachdem er im Jahre 2005 seinen Stammplatz dort verloren hatte, kehrte er zu den Lausitzern zurück und war in seiner ersten Saison in jedem Spiel dabei, schaffte zehn Treffer und wurde zum Mannschaftskapitän und Publikumsliebling.
Alles in allem waren diese drei Spieler mit die wichtigsten im ganzen Verein. Die Achse McKenna-Munteanu-Radu war in der abgelaufenen Saison das, was ein jeder Verein braucht, um sich, bei beschränkten finanziellen Möglichkeiten, in der höchsten deutschen Spielklasse zu halten.
Und genau diese Achse bricht jetzt weg. McKenna verlässt den FC Energie per Ausstiegsklausel in die zweite Liga, in Richtung Köln. Die Rumänen-Fraktion schließt sich mit sofortiger Wirkung dem VfL Wolfburg an. Es zieht sie in eine der „schönsten“ Städte Deutschlands, zu einem Verein mit den best bezahlten Fans der Liga, einem Club, bei dem in letzter Zeit so einiges im Argen lag, dessen sportliche Führung den ein oder anderen Dorn im Auge hatte.
Die Frage nach dem Warum darf durchaus gestellt werden.
Waren die Verantwortlichen in Cottbus nicht in der Lage, den Spielern deutlich zu machen, was sie an ihrem Verein haben? Gab es nicht die Möglichkeit, ihnen zu verdeutlichen, dass sie, wenn sie auch weniger verdienen würden, die nahezu uneingeschränkten „Stars“ in ihrem aktuellen Team wären?
War es nicht möglich, mit einem gewissen finanziellen Risiko, die Spieler mit einer Aufstockung ihrer Gehälter zum Bleiben zu bewegen?
Entweder konnte oder wollte man es nicht. Der Verein sagt, man hätte mit dem finanziellen Paket von Wolfsburg nicht konkurrieren können. Dennoch muss man sehen, dass den drei prominenten Abgängen, derzeit nur Neuzugänge von fragwürdiger Qualität gegenüber stehen.
Verpflichtet wurden ein 21-jähriger Verteidiger, sowie zwei 20-jährige Talente für das Mittelfeld. Aber können diese beiden eine Achse von gestandenen, erfolgreichen Spielern ersetzen?
Natürlich ist bis zum Ende der Transferperiode noch ganze Menge Zeit, aber es bleibt abzuwarten, ob der FC Energie Cottbus mit seiner sportlichen Leitung es schafft, eine solch schlagkräftige Truppe zu schaffen, die diese immensen Verluste ausgleichen kann. Man mag es dem Verein wünschen, hängt doch in der Lausitz so einiges an dem Verein, nämlich bei Weitem mehr Leidenschaft, als bei einem Retorten-Club wie dem VW Wolfsburg. Vielleicht erkennen das auch irgendwann die Kollegen Munteanu und Radu…reumütig…




Sebastian Derix für www.footage-magazin.de

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